Fragwürdige Schwerpunktsetzung, überfrachtet und verworren
Eigentlich reichen zwei Wörter aus, um das neue Werk „Celsius“ von
Marc Elsberg zu beschreiben: Überfrachtet und verworren. Und wenn ich andere
Rezensionen so lese, die nicht hellauf begeistert waren, so ist dieser Aspekt
immer wieder bemängelt worden. Und jetzt stellen Sie sich vor, dass Sie das
Ganze als Hörbuch hören, so wie ich es getan habe. Ich konnte dem Inhalt kaum
folgen, zu viele Figuren, zu viele Handlungsschauplätze, zu rasche Szenenwechsel,
ein schwer zu erkennender roter Faden. Und dann auch noch eine unklare
Abgrenzung zwischen Erzählung und erzählter Erzählung. Denn an einer Stelle
wird eine Binnenerzählung integriert, von der man aber erst später erfährt,
dass es sich um eine andere Erzählebene handelt. Absolut verwirrend! Vor allem
als Hörbuch!
Zu Beginn hatte ich dieses Gefühl von Überfrachtung jedoch noch nicht.
Der Start in die Handlung ist in Ordnung. Man ist sofort mittendrin in der
Handlung und stellt sich zu Beginn einige interessante Fragen: Handelt es sich
bei den unbekannten Flugobjekten um Drohnen, die Taiwan angreifen? Wird die USA
eskalieren? Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen China und den USA? Was hat
China vor? Was hat es mit den UFOs auf sich? Und zu Beginn behält man noch gut
den Überblick über die Handlung und über die Figuren. Aber mit zunehmendem
Handlungsverlauf wird es dann zunehmend undurchsichtiger. Schade, schade!
Was ich wiederum ganz interessant fand, waren die Fakten zum Weltklima
und zum CO2- Ausstoß. Der Roman macht einen gut recherchierten Eindruck und die
Bedeutung des Klimawandels ist ja ein hochaktuelles Thema. Das ist ebenfalls
lobenswert! Ebenfalls ist der Einbezug der Technologie des Geoengineerings spannend
und bietet Potential zur Eigenrecherche und zum Dazulernen. Besonders
lesenswert fand ich die Pressekonferenzen und die Vorträge von Forschern. Ebenso
reizvoll fand ich die Ausführungen darüber, welche Folgen die von China
ergriffenen Klimaschutz-Maßnahmen nach sich ziehen (leider wiederholt sich
Vieles aber auch) und welche Reaktionen die Weltgemeinschaft zeigt, wenn China
die Führungsrolle beansprucht. Wie werden sich andere Länder positionieren? Das
sind ganz klar die Stärken des Buchs.
Leider kann der Roman sein Spannungsniveau aber nicht halten und er verliert
mit zunehmendem Handlungsverlauf an Qualität, was an der schon erwähnten
Überfrachtung liegt (s.o.) und an vielen unnötigen Wiederholungen (auch Fakten
rund um den Klimawandel kommen immer wieder vor). Auch gibt es in meinen Augen einige
logische Ungereimtheiten (z.B. warum China den Rest der Welt nicht in seine
Pläne eingeweiht hat? etc.) und unrealistische Passagen (v.a. was die Maßnahmen
zum Schutz des Klimas betrifft). Damit muss man ebenfalls leben können. Und man
sollte sich auf jeden Fall sehr für die politische Seite interessieren: Innen-,
Wirtschafts- und Außenpolitik, all das kommt vor, und das nicht zu knapp. Mir war
die makropolitische Ebene zu dominant (und die politischen Weltenlenker agieren
auf dieser Ebene doch sehr klischeehaft), menschliche Schicksale hätten mich
mehr interessiert. Die Auswirkungen der von den Chinesen ergriffenen Maßnahmen
rücken viel zu knapp und viel zu spät in den Fokus. Und der Handlungsstrang um die
Prototypen hat mich nicht mitgerissen (denn er spielte mir zu sehr in der
Vergangenheit, doch ist nicht vielmehr die Zukunft von Interesse, wenn man ein
solches Thema wählt?).
Was mir beim Hören ebenfalls noch negativ aufgefallen ist (andere
finden vielleicht aber auch das gerade gelungen, wer weiß): Der Autor hat einen
Hang dazu, Szenen und Handlungsabläufe teilweise sehr ausführlich und
detailliert zu beschreiben. Mir war es oft einfach zu viel, die Darstellung war
oft zu ausschweifend. Das mag aber auch daran liegen, dass ich der Handlung
akustisch gefolgt bin. Das brachte noch einmal besondere Hürden mit sich. Mir
fehlte beim Zuhören einfach ein zentraler Haupthandlungsstrang, zu dem man
immer wieder zurückkehrt und der sich wie ein roter Faden durch das Hörbuch
zieht. Und das empfand ich als massiven Mangel des Buchs. Deswegen kann ich
auch zu keiner positiven Bewertung gelangen.
Fazit:
Das ist mein erster Roman von Marc Elsberg und leider bin ich
nach dem Hören enttäuscht. Man kann der Handlung als Hörer nur schwer folgen.
Mag der Beginn des Buchs noch gelungen sein und gibt es auch einige positive
Ansätze, die durchaus Potential erkennen lassen, so hat mich das Hörbuch mit
zunehmendem Handlungsverlauf immer mehr verloren. Irgendwann habe ich mich nur
noch durch das Buch gequält, um es abzuschließen. Es ist einfach zu verworren,
in meinen Augen ist die inhaltliche Schwerpunktsetzung misslungen und es fehlt
ein klarer Haupthandlungsstrang. Ich kann es auf keinen Fall empfehlen und gebe
2 Sterne, weil der Einstieg ins Buch immerhin noch in Ordnung war.
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