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Mittwoch, 1. Oktober 2025

Prödel, Kurt - Klapper



Der Axe-Effekt




Im Jahr 2025 reaktiviert der Protagonist (genannt Klapper) seinen Counter-Strike-Account und stöbert durch seine alte Freundesliste. Erinnerungen an eine vergangene Zeit werden wach. Danach folgt ein Rückblick ins Jahr 2011. Der 15-jährige Klapper (richtiger Name: Thomas) sitzt in seinem Zimmer und hängt (wie so oft) schon seit Stunden vor dem Monitor. Er ist mehr so der Typ „Stubenhocker“. Die Umgebung und das Lebensgefühl des Pubertierenden werden dabei gut eingefangen. Seine Ferien verbringt er mit Zocken. Die Beziehung zu den Eltern ist problematisch, v.a. die zu seinem Vater (Ralph). Am Abendbrottisch führt Klapper kultivierte Gespräche mit Ralph, die aufgesetzt und erzwungen wirken. Von der Mutter erfahren wir nur, dass sie aufgrund ihrer Medikamente oft früh ins Bett geht und häufig einen leeren Blick aufweist. Hin und wieder verlässt sie das Haus unvermittelt, um einen Spaziergang zu machen. In der Schule ist Klapper Außenseiter. Mitschüler machen sich über seine Statur und das Knacken seiner Knochen und Gelenke lustig (daher auch sein Spitzname „Klapper“).


Nach dem Ende der Ferien begibt sich Klapper widerwillig wieder in die Schule. Er wirkt äußerst unsicher und wenig selbstbewusst. Mit Vivi-Marie wird der Klasse eine neue Mitschülerin vorgestellt. Sie ist das Gegenteil von Klapper. Sie wirkt sehr souverän, strahlt eine stoische Ruhe aus und hinterlässt einen burschikosen Eindruck. Sie wird die neue Sitznachbarin von Klapper und möchte von ihm „Bär“ genannt werden. In ihrer Gegenwart zeigt sich Klapper ziemlich nervös. Er hofft darauf, dass mehr aus ihm und Bär wird. Sie fasziniert ihn. Und als das Thema auf Counter-Strike kommt, merken beide, dass sie ein gemeinsames Interesse verbindet. Sie verabreden sich zum Zocken und nähern sich an. Doch aus Bärs Verhalten wird man nicht so richtig schlau. Sie wirkt immer etwas distanziert und übt auch keinen guten Einfluss auf Klapper aus. Er lässt sich ziemlich leicht von ihr lenken... 


Der Schreibstil gefällt mir sehr, sehr gut. Das Buch liest sich angenehm flott und flüssig. Es finden sich viele kreative, teils ironische Beschreibungen. Viel Witz ist zwischen und in den Zeilen erkennbar. Die Rückblicke ins Jahr 2011 nehmen deutlich mehr Raum ein als die Gegenwartsebene, was auch gut zum Geschehen passt. 2025 denkt Klapper, inzwischen IT-Fachkraft in einer Firma, an Vivi zurück, will sich aber auch nicht zu sehr seiner Erinnerung hingeben. Für ihn ist das Kapitel abgeschlossen. Irgendetwas muss damals passiert sein. Doch was? Das erfahren wir erst nach und nach. Das erzeugt ein gutes Maß an Neugier. Von mir gibt es 4,5 Sterne. Ich fühlte mich super unterhalten und habe das Buch sehr gern gelesen. Ich hätte mir lediglich noch ein paar mehr Informationen zu den Eltern von Bär und Klapper gewünscht.

Edenhofer, Ralph - Antarer. Besuch aus dem All



Erstkontakt



Bei einer Messstation für Gravitationswellen ereignet sich eine ungewöhnliche Signalstörung, die sich die leitende Technikerin Tony nicht erklären kann. Und ein Anruf in einem anderen Observatorium ergibt, dass auch dort das Signal empfangen wurde. Ein Messfehler wird ausgeschlossen. Die Quelle des Signals stammt irgendwo aus der Nähe des Sterns Antares. Die Forscher zerbrechen sich den Kopf darüber, womit sie es zu tun haben. Nach eingehender Analyse der Daten kommen sie zu dem Schluss, dass sich ein Objekt mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit der Erde genähert und an ihr vorbeigerast sein muss. Kurz vor der Erde hat es gestoppt, bevor es dann weitergeflogen ist. Und kurze Zeit später stellt man fest, dass ein weiteres Objekt im Anflug auf die Erde ist. Das ist das Ausgangssetting des Romans und natürlich erwartet man nun die Schilderung eines sog. Erstkontakts.


Interessant ist, dass die Fremden kein Interesse an einer Kontaktaufnahme haben. Und das Objekt, das schließlich im Orbit der Erde verharrt, ist nur 5cm groß. Natürlich kommen bei der Lektüre typische Erstkontakt-Fragen in den Sinn: Was wollen die Aliens? Welche Absichten verfolgen sie? Wie sind sie beschaffen? Etc. Und da die Kontaktaufnahme lange hinausgezögert wird, verbleibt der Spannungsbogen über lange Zeit hinweg auf einem hohen Niveau. Man stößt auch auf klassische Elemente, die einen Roman mit einer solchen Thematik auszeichnen (z.B. das vorsichtige Militär, das eine Bedrohung vermutet, und die neugierige Wissenschaft, die an Erkenntnisgewinnen interessiert sind). Und die technologische Überlegenheit der Besucher sorgt auch dafür, dass ein Teil der Menschheit Angst entwickelt und sich unterlegen fühlt.


Das Thema „Erstkontakt“ ist ein klassisches Thema von Science-Fiction-Literatur. Es gibt zahlreiche Romane, die sich inhaltlich damit auseinandersetzen (vgl. hierzu zum Beispiel das Lexikon der deutschen Science-Fiction-Literatur 1988: S. 81 ff.). Ich denke dabei sofort an „Krieg der Welten“ von H.G. Wells aus dem Jahr 1898. Spannung entsteht v.a. dadurch, dass die ganze Zeit Ungewissheit über den Fortgang der Handlung entsteht. Es entsteht eine bedrohliche Atmosphäre. Die bereits genannten Fragen, die bei der Lektüre entstehen, erzeugen Neugier. Man ist gespannt, zu erfahren, ob es zu einem Konflikt oder zu einer Annäherung kommt. Auch will man wissen, wie die Kontaktaufnahme erfolgt und ob die Kommunikation gelingt.


Das Buch zeichnet sich durch eine angenehme Präsenz von „science“ aus. Es ist nicht nur „fiction“. Die den Menschen bekannten Gesetze der Physik werden auf den Prüfstand gestellt. Überlichtgeschwindigkeit, Warpblasen und Gravitationswellen spielen eine Rolle. Später ist es dann die Biologie, der Bedeutung zukommt (der Autor verweist im Nachwort auf ein Buch von Peter Wohlleben, von dem er sich inspirieren lassen hat: „Das geheime Leben der Bäume“). Die Forscher entdecken, dass es bei Bäumen zu Mutationen kommt, die auf ein Eingreifen der Besucher zurückgeführt werden. Wollen die Aliens etwa die irdische Umwelt verändern und den Planeten terraformen? Welche Maßnahmen ergreifen die Forscher, um die Ausbreitung der invasiven Mutation einzudämmen? Hier musste ich wieder an den Roman „Krieg der Welten“ von H.G. Wells denken, wo sich eine rote Pflanze auf der Erde ausbreitet. 


Was mir noch positiv aufgefallen ist: Der Schreibstil ist angenehm, das Buch liest sich flüssig. Die Gruppendynamik innerhalb des Forschungsteams wird gut eingefangen, die handelnden Figuren haben ein klar erkennbares Profil. Und immer dann, wenn es droht, zu langatmig zu werden, kriegt das Geschehen gerade noch die Kurve (u.a. durch einen Zeitsprung von 16 Jahren). Lediglich der Inhalt der Privatgespräche der Figuren konnten bei mir nicht immer Begeisterung hervorrufen. Oft stand mir das Liebesleben zu sehr im Vordergrund. Und ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Darstellung der Kommunikation mit den Fremden. Wie das funktioniert, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen.