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Montag, 1. September 2025

Stava, Sophie - Eine falsche Lüge


Zwillingszwilling



Die Ich-Erzählerin Sloane gibt sich einem Vater (Jay) gegenüber fälschlicherweise als Krankenschwester aus, als sie den Bienenstich seiner kleinen 5-jährigen Tochter (Harper) auf dem Spielplatz versorgt. In Wirklichkeit arbeitet sie als Nageltechnikerin in einem Beauty-Salon, ist Mitte 30 und hält sich finanziell gerade so über Wasser. Sie lebt noch bei ihrer Mutter, die eine Erwerbsminderungsrente bezieht.


In direkter Leseransprache gibt Sloane freimütig zu, dass sie sich neugierig für das Leben anderer Menschen interessiert, andere gern beobachtet und auch um die ein- oder andere Lüge nicht verlegen ist. Der Reichtum anderer Leute fasziniert sie. Der Vater der Kleinen hinterlässt auf sie einen bleibenden und v.a. attraktiven Eindruck. Sie träumt davon, aus ihrem alten Leben auszubrechen und gibt sich der Hoffnung hin, dass aus ihr und Jay etwas werden könnte. Gleichzeitig macht sie jedoch keinen selbstsicheren Eindruck und zweifelt häufiger an ihrem äußeren Erscheinungsbild.


Es wird schnell deutlich, dass sich Sloane die Wahrheit immer ein wenig „zurechtbiegt“, v.a. um sich interessanter zu machen, Aufmerksamkeit zu generieren und von ihren Mitmenschen Zuneigung zu erhalten. Kurzum: Sie will gemocht werden. Das ist ihre große Schwäche. Dafür perfektioniert sie ihre Lügengebilde und ist äußerst geübt darin, ihrem Gegenüber das zu erzählen, was dieses gern hören möchte.


Wenig später lernt Sloane auch die Frau von Jay kennen (Violet), die sich ebenfalls noch einmal für ihre Hilfe bedankt. Beide liegen auf der gleichen Wellenlänge und freunden sich an. Sie haben viele Gemeinsamkeiten. Nach einigen Treffen offeriert ihr Violet eine Stelle als Kindermädchen. Sloane erhofft sich dadurch eine neue berufliche Perspektive (und sie hat ja auch noch ein Auge auf Jay geworfen). Der Haken ist nur, dass Harper krank ist. Sie laboriert an einem Herzleiden. Violet hält Sloane immer noch für eine Krankenschwester und v.a. aus diesem Grund für besonders fähig. Und Sloane spielt ihre Rolle weiter. Sie hält an ihrer Lüge fest und nimmt Violets Angebot an. Spätestens ab diesem Zeitpunkt fragt man sich, ob sie die Lüge nicht irgendwann einholen wird. Was passiert, wenn Harper ernsthaft in Gefahr gerät? Als Leser und Leserin wartet man förmlich darauf, dass etwas Unheilvolles passiert…


Die Ich-Perspektive sorgt dafür, dass wir nah an den Gefühlen und Gedanken von Sloane sind. Wir erhalten einen Einblick in das, was sie umtreibt. Die Lügen von Sloane sorgen für Ungewissheit. Man wartet förmlich darauf, dass sie sich in etwas verstrickt oder dass sie auffliegt. Das erzeugt eine gewisse Erwartungshaltung und befeuert die Neugier. Die Charakterzeichnung von Sloane ist in meinen Augen auch gelungen. Mit zunehmendem Handlungsverlauf wirkt sie immer seltsamer. In die Freundschaft mit Violet steigert sie sich immer obsessiver hinein. Schon bald überschreitet sie Grenzen. Und als Leser merkt man, dass mit ihr etwas nicht stimmt und sie unter einem negativen Selbstbild leidet. Wo wird das hinführen?


Zusätzliche zwischenmenschliche Spannung entsteht dann zusätzlich noch dadurch, dass Sloane ein Auge auf den verheirateten Jay geworfen hat. Als Leser habe ich mich gefragt, ob Violet nicht irgendwann etwas davon mitbekommt und wie sie darauf reagieren wird. Zum Erzählstil: Der Schreibstil ist angenehm, das Buch liest sich flüssig, die Sprache bzw. die Übersetzung ist klar und pointiert. Eine hohe Dialoghaftigkeit sorgt für Unmittelbarkeit und Lebendigkeit. Zum Plot: Ein weiterer Pluspunkt sind überraschende Wendungen, die durch Perspektivwechsel herbeigeführt werden. Später kommt Violet zu Wort, danach Jay. So erscheint der Inhalt noch einmal in einem anderen Licht und das Geschehen entwickelt sich in unerwartete Richtungen. Das ist sehr gut arrangiert und hat mich an die Thriller von Freida McFadden erinnert. Allerdings geht die Autorin ihren eigenen Weg und kupfert das Erfolgsrezept von McFadden nicht einfach nur ab. Es ist kein billiger Abklatsch von schon Bekanntem! Insgesamt handelt es sich um einen spannenden, ereignisreichen Thriller. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und habe das Buch sehr gern gelesen. Man kann gut miträtseln und das Buch hält den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite gut aufrecht. Von mir gibt es dafür 5 Sterne.

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