Der Reisende
Der Ich-Erzähler Frank Kurath schläft ein und wacht am nächsten Tag in einer völlig neuen Umgebung auf, und zwar an der Seite einer ihm völlig Unbekannten. Er muss sich zunächst orientieren und alle relevanten Informationen zusammentragen, um seinen Platz in der fremden Welt möglichst unauffällig einzunehmen. Und es soll nicht seine einzige Reise bleiben...
Was es mit Kurath auf sich hat und warum er immer wieder woanders aufwacht, bleibt zunächst im Dunkeln und wird Schritt für Schritt aufgelöst. Anfangs wissen wir nur, dass die Situation für den Ich-Erzähler sehr belastend ist. Immer wieder verliert er die Bindung zu ihm nahestehenden Personen und muss sich an ein neues Leben anpassen. Er fühlt sich einsam und den Umständen hilflos ausgeliefert. Sein Leidensdruck ist groß. Als Leser fragte ich mich, wie es mit Frank Kurath weitergehen wird, ob er das Geheimnis seiner Reisen aufdecken wird und aus dem Teufelskreis ausbrechen kann. Das waren für mich genügend offene Fragen, um stets neugierig weiterzulesen. Ich will nicht zu viel verraten, aber eines Tages trifft Kurath einen Physiker, der ihm womöglich weiterhelfen kann. Und schon bald erfährt der Ich-Erzähler, dass er nicht allein mit seinem Problem ist…
Es ist immer wieder interessant, wie sich Kurath trotz völliger Ahnungslosigkeit in einer neuen Umgebung mit neuer Arbeit und neuen Arbeitskolleginnen und -kollegen behaupten kann. Zu 90% erwacht er in Wien, aber manchmal befindet er sich auch ganz woanders. Die Idee hinter den Reisen ist faszinierend. Innerhalb der verschiedenen Welten sind der Kenntnisstand, die geschichtlich-gesellschaftspolitische Entwicklung sowie der technologische Fortschritt der Gesellschaften unterschiedlich. Auch der körperliche Zustand, mit dem Kurath erwacht, ist veränderlich. Wie ist das möglich?
Da vorher nie klar ist, wie lange der Ich-Erzähler in einer Welt bleibt (Tage, Woche oder Monate), entstehen bei der Lektüre Offenheit, Ungewissheit und Dynamik. Das hat mir sehr gut gefallen. Insgesamt werden viele interessante und kreative Ideen im Roman verarbeitet. Besonders gefallen hat mir z.B., dass Kurath einen Überblick über Hunderte von Welten hat und dabei sogar gewisse Grundkonstanten entdeckt. Noch etwas: Es war mir an keiner Stelle zu abgedreht oder zu weit hergeholt. Alles fügt sich zu einem logischen und schlüssigen Gesamtbild zusammen. Ich habe das gesamte Buch durchweg gern gelesen und konnte es kaum aus der Hand legen. Ein größeres Kompliment kann ich einem Buch nicht machen. Das sind klare 5 Sterne! In meinen Augen ein würdiger DSFP-Preisträger!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen