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Mittwoch, 8. November 2023

Eschbach, Andreas - Der Letzte seiner Art






Ein Cyborg in Frührente


Was wäre, wenn man dich im Rahmen eines militärischen Projekts zu einem Cyborg umfunktioniert hätte, dich aber nicht mehr benötigt? Stell dir vor, wie es wäre, wenn die Implantate nach und nach ihren Geist aufgeben und dir deine Lebensqualität nehmen, aber du mit niemandem darüber sprechen dürftest. Und was wäre, wenn dich jemand ausfindig machen wollte, der mehr über das Geheimprojekt erfahren möchte? Um dieses ungewöhnliche Setting geht es in dem Thriller „Der Letzte seiner Art“ (2003) von Andreas Eschbach. Ungewöhnlich ist es, weil der Cyborg Duane Fitzgerald als gebrochene Figur gezeigt wird, der mit seinem Schicksal hadert und unter den Spätwirkungen des Eingriffs leidet. Und über allem schwebt auch immer die Frage, warum sich Duane überhaupt darauf eingelassen hat, zu einer Mensch-Maschine zu mutieren. Wie konnte er sich dazu entschließen, seine persönliche Freiheit aufzugeben? Diese Fragen verleihen dem Inhalt eine Tiefe, die ich im Vorfeld gar nicht so erwartet hätte.

 

Der Ich-Erzähler Duane lebt zurückgezogen, pflegt wenig Kontakte und führt ein unauffälliges, fast tristes Dasein als Frührentner. Doch eines Tages taucht in dem kleinen irischen Fischerdorf, in dem Duane lebt, ein Mann auf, der nach ihm sucht. Und als Leser fragt man sich, wer ist der Verfolger? Was will er von Duane? Diese Fragen haben bei mir Neugier erregt. Im weiteren Handlungsverlauf erfahren wir durch Rückblicke auch Hintergründe über das gewissenlose Experiment, an dem Duane teilgenommen hat. Moralische Fragen werden ebenfalls thematisiert. Und es wird immer klarer, dass Duane seiner Würde beraubt worden ist. Wird er sich endlich wehren und seine Rechte einfordern?

 

Insgesamt ist der Thriller wendungsreich, ich wurde an einigen Stellen von unvorhersehbaren Ereignissen überrascht. Und ich konnte lange Zeit nicht antizipieren, in welche Richtung die Handlung sich entwickelt. Das hat mir gut gefallen. Und das Finale war emotionaler und tiefgründiger, als ich im Vorfeld vermutet hatte. Eschbach beschreitet einen ungewöhnlichen Weg, da er am Ende eher das Tempo herausnimmt. Kurzum: Ein tolles Buch, weil es an vielen Stellen zum Nachdenken anregt und weil der Autor die Erwartungshaltung der Leser häufiger durchbricht.


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