Seelenverwandt
„Unser
Leben und das, was danach kommt, umfasst mehr, als wir begreifen können (…)“,
S. 375.
Immer
wieder bin ich auf begeisterte Leser:innenstimmen zu Colleen Hoover gestoßen.
Das hat mich neugierig gemacht. Und auch die Biographie dieser Autorin fand ich
äußerst spannend (Recherche im Internet empfohlen!). Ist sie etwa ein Beispiel
dafür, dass sich schriftstellerische Qualität mit der Zeit von selbst
irgendwann durchsetzt? Ich wollte mir hierzu ein Urteil bilden. Bisher habe ich
noch nichts von dieser Autorin gelesen und das erste Buch, das ich von ihr
rezensieren möchte, trägt den Titel „Layla“.
Und
eines kann ich direkt einleitend sagen: Das Werk liest sich sehr flüssig, der
Stil ist eingängig, die Übersetzung definitiv gelungen (ich weiß nicht, wie
sich das englischsprachige Original liest). Und schon den Einstieg fand ich
kreativ. Der Roman beginnt mit einem interessanten Kontrast. Auf der einen
Seite erzählt Leeds einer mysteriösen, namenlosen Figur, die nur als Detektiv
bezeichnet wird, dass die Situation mit Layla außer Kontrolle geraten sei (als
Leser wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was los ist). Und auf der
anderen Seite wird im Rückblick das Kennenlernen von Layla und Leeds
geschildert. Zwischen beiden ist es Liebe auf den ersten Blick, der Funke
springt sofort über. Beide stürzen sich in eine feurige Liebesaffäre. Wir haben
also den glücklichen Start in die Beziehung einerseits und die mysteriöse
Katastrophe innerhalb der Beziehung auf der anderen Seite. Doch was ist
dazwischen passiert? Wie konnte es soweit kommen? Das weckt sofort Interesse.
Sehr geschickt!
Die
Autorin erzeugt auch gekonnt Tempo, indem sie passende Zeitsprünge und
Handlungsraffungen einsetzt. Die Handlung wird ereignisreich und spannend
vorangetrieben. Das hat mir gut gefallen. Und auch die Figurenzeichnung ist
gelungen, die Charakterzüge ergeben sich aus den Worten und Handlungen. Nicht
zuletzt ist das Werk wendungsreich. Immer wieder gibt es Überraschungen und die
Erwartungen der Leser:innen werden durchbrochen. Das alles überzeugt. Was mir
besonders gut gefallen hat: Das Werk zeugt von Kreativität. Viele
einfallsreiche Ideen sind erkennbar. Und das Werk lässt sich nicht so leicht in
eine Schublade stecken: Ist es ein Psychothriller? Ein Mystery-Thriller? Eine Liebesgeschichte?
Ist es gar Fantasy? Es ist von allem etwas. Und so etwas mag ich!
Allerdings
sollte man sich darauf gefasst machen, dass sich das Werk ab einem bestimmten
Punkt in eine Richtung entwickelt, auf die man sich einlassen muss. Plötzlich
tauchen paranormale Elemente auf, mit denen ich im Vorfeld nicht gerechnet
habe. Ich konnte mich darauf einlassen, aber ob jede/r Leser:in das kann, wage
ich zu bezweifeln. Im Buch selbst wird auf den Film „Ghost – Nachricht von Sam“
Bezug genommen (eine treffende Referenz!). Mit so einer Art von Thematik sollte
man sich also anfreunden können.
Und
noch etwas ist mir aufgefallen: Die Gestaltung von Leeds ist eigentümlich. Sein
moralischer Kompass ist in meinen Augen total verschoben. Leider kann ich nicht
genauer darauf eingehen, ohne zu spoilern. Aber sein Handeln gegenüber Layla
ist höchst fragwürdig und unehrlich. Später agiert Leeds auch sehr
widersprüchlich. Er berichtet z.B. freimütig über seine Verfehlungen gegenüber
Layla, zeigt auch ansatzweise ein schlechtes Gewissen, ändert sein Verhalten
aber nicht. Er macht einfach weiter. Diese Form der Gestaltung ist interessant.
Hier zeigt sich das Geschick der Autorin. Sie lenkt das Urteil der Leser:innen
zu den Figuren mal in die eine, mal in die andere Richtung, indem sie neue
Informationen in die Handlung integriert. Dies wird besonders am Ende deutlich.
Ich will hier nicht zu viel verraten.
Ein
weiterer spannungserregender Impuls entsteht durch die Figur des Detektivs:
Wird er Layla und Leeds helfen? Was hat er im Sinn? Welchen Plan verfolgt er?
Er verrät unheimlich wenig über sich selbst und gerade das macht ihn
interessant. Nach meinem Empfinden hätte man sogar noch mehr daraus machen
können. Für mich hätte der Detektiv noch aktiver in das Geschehen eingreifen oder
mehr Hintergrundwissen offenbaren können. Das fand ich etwas schade.
Eine
weitere auffällige Besonderheit des Werks: Der Aspekt der Körperlichkeit wird
sehr stark betont. Das, was die Beziehung zwischen Leeds und Layla ausmacht,
ist in erster Linie Sex und Verlangen. Die Beziehung der beiden hat viel zu
wenig andere Schattierungen. Attraktivität und gutes Aussehen sind wichtig. Naja,…
Sollte man mögen. Ich fand es etwas zu einseitig.
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