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Samstag, 1. Juli 2023

McFadden, Freida - Wenn sie wüsste


5 von 5 Sternen


Thriller mit Sogwirkung


Schon auf den ersten Seiten des Thrillers „Wenn sie wüsste“ von Freida McFadden wird deutlich, dass der Inhalt reizvoll ist und eine Sogwirkung entfalten kann. Dies liegt an der packenden Darstellung der Innenwelt der Protagonistin. Millie schätzt ihre Umwelt sehr genau ein, wägt ab, wie sie sich verhält, und behält geheime Gedanken zu ihrer neuen Arbeitgeberin für sich. Sie zieht uns Leser:innen durch ihre Offenheit auf ihre Seite und macht uns zu ihren engsten Vertrauten. Sehr geschickt! Und eine zusätzliche „Würze“ entsteht natürlich durch den „Arm-Reich-Kontrast“. Millie ist aufgrund ihrer Lebensumstände eine interessante Figur. Sie lebt am Rande der Gesellschaft, sie wohnt in ihrem Auto in erbärmlichen Verhältnissen. Man hat als Leser:in Mitleid mit ihr. Ebenfalls sehr geschickt! Auch hat sie ein Geheimnis, das Neugier erregt: Was hat es mit ihrer Vergangenheit auf sich? Wieder eine tolle Idee der Autorin!

 

Aufopferungsvoll legt sich Millie ins Zeug, um ihre neue Arbeitgeberin Nina von sich zu überzeugen. Sie wagt es nicht, Widerworte zu geben, und befindet sich in einer Abhängigkeitsposition, die bei mir teilweise Wut erzeugt hat. Zwischen beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, liegt Spannung in der Luft. Die Atmosphäre ist angespannt. Das kommt gut zum Ausdruck. Millie muss die Launen von Nina über sich ergehen lassen. Man möchte Nina als Leser gerne mal ein paar Takte zu ihrem Verhalten mit auf den Weg geben. Und man spürt schon auf den ersten Seiten, dass mit den Winchesters, bei denen Millie ihre neue Arbeit als Haushälterin beginnt, irgendetwas nicht stimmt. Man hat jede Menge Vorahnungen im Kopf und spielt verschiedene Ideen durch. Und im weiteren Handlungsverlauf macht man sich immer mehr Sorgen um das Schicksal von Millie und wird hin- und hergerissen. Genial!

 

Die gesamte Schreib- und Erzählweise überzeugt. Die kürzer werdenden Kapitel, die offenen Enden der Kapitel und schon der erste Satz zu Beginn jedes neuen Kapitels. Das alles ist gelungen und reißt mit. Hinzu kommen einige Wendungen und Überraschungen, die passend platziert und hervorragend arrangiert wurden. Zwar gibt es auch einige (kleine!) logische Ungereimtheiten, Stereotypes sowie wenige konstruierte Zufälle. Aber das hat mich überhaupt nicht gestört. Die erzeugte Spannung und die vielen kreativen Ideen, die von der Autorin beigesteuert werden, wiegen das alles locker wieder auf. Und nicht zuletzt ist man am ganzen Geschehen emotional stark beteiligt, was auch an den gut gestalteten Blickwinkeln und Perspektivwechseln liegt. Die psychologische Ebene ist ebenfalls stark und durchdacht umgesetzt. Man fühlt mit Millie mit und spürt eine starke Verbundenheit zu dieser Figur, weil sie für die Leser:innen wie ein offenes Buch ist.

 

Kurzum

Ich will mehr von dieser Autorin lesen und prognostiziere ihr einen langen Aufenthalt in der Bestseller-Liste (und das völlig zu Recht). Es ist eines dieser Bücher, bei denen man denkt: „Schade, dass es vorbei ist.“ Solche Werke findet man nur selten. Ganz klare 5 Sterne. Wenn das Wort nicht so inflationär gebraucht würde, würde ich fast sogar von einem „Jahreshighlight“ sprechen (ich erkenne mich selbst nicht wieder).

 

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