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Montag, 2. Januar 2023

Arno Geiger - Das glückliche Geheimnis


4 von 5 Sternen


Ein Suchender


In seinem autobiographischen Werk „Das glückliche Geheimnis“ beschreibt Arno Geiger sein Leben als suchender Schriftsteller. Was ihn auszeichnet: Seine Liebe zu Büchern und zu Briefkonvoluten. Aus Weggeworfenem bezieht er seinen Lesestoff und verdient mit dem Verkauf solcher Werke in den Studentenjahren seinen Lebensunterhalt. Es wird deutlich, mit welcher Leidenschaft er seinem Treiben nachgeht. Im Rahmen seiner Recherchen und Lektüren eignet sich Geiger nicht nur viel Wissen, sondern auch Menschenkenntnis an. Eine wichtige Vorbedingung für seinen Erfolg als hoch gelobter und mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller.

 

Die Beschreibungen empfand ich allesamt als recht grob, nicht detailliert. Ich hatte schon das Gefühl, dass der Autor seine Leser bei allen privaten Einblicken, die er gewährt, noch auf genügend Abstand halten will (was auch völlig in Ordnung ist). Geiger bleibt oft im Abstrakten und Vagen, einiges wird nur angedeutet und angerissen. Dennoch gibt es zahlreiche Passagen, die ich sehr interessant fand, so z.B. die Beschreibung der Phase des Stillstands, als Geiger feststeckte und in seinem literarischen Schaffen auf der Stelle trat. Diese Phase bezeichnet der Autor als depressives Intermezzo.

 

Auch fand ich solche Textstellen aufschlussreich, wo Geiger Auskunft über die Verlagsarbeit gibt, auch über den Umgang von Verlagsmitarbeitern mit seiner Person und seinem Werk. Hier wird schon gut deutlich, wie schwer man es als Schriftsteller hat, sich zu etablieren, und wie sehr man abhängig ist von den Entscheidungen anderer. Man benötigt scheinbar einen „langen Atem“. Und irgendwie ist es schon bitter zu lesen, dass Geiger sich bei der Arbeit an seinem dritten Buch vom Verlag eher entmutigt als ermutigt fühlte.

 

Auch solche Passagen, an denen Geiger Einblick in den Entstehungsprozess von Werken gibt, finde ich äußerst interessant. So wird auch sehr klar, dass die Arbeit als Schriftsteller anstrengend und auch kraftraubend ist. Ein Buch zu vollenden, erscheint als regelrechter Leidensprozess. Auch interessant: Durch die Verleihung eines Buchpreises ändert sich das Leben von Geiger plötzlich völlig. Dabei berichtet der Autor auch offen darüber, welche Schattenseiten der Erfolg hat.

 

Sehr bereichernd fand ich auch die Ausführungen zu der Frage, was literarische Qualität ausmacht. Und nach Geiger ist es eben nicht die Stilisierung eines Textes, sondern der Umstand, dass das Geschriebene alltäglich und unbekümmert sowie aufrichtig verfasst ist. Weiterhin fand ich Geigers Bemerkungen zum Thema der Lebenserfahrungen und zu der Frage, was Texten Leben einhaucht, lesenswert. Letztlich finde ich beeindruckend, was Geiger in Weggeworfenem für „Schätze“ geborgen hat und was er daraus gemacht hat. Das Entsorgte verleiht seinem künstlerischen Schaffen erst wichtige Impulse. Ohne die Briefkonvolute z.B. wäre „Unter der Drachenwand“ in dieser Form wohl nie entstanden.

 

Was mich grundsätzlich weniger angesprochen hat, waren die Beschreibungen des Familienlebens mit den tragischen Schicksalsschlägen und die der Frauengeschichten. Das mag anderen Lesern aber vermutlich ganz anders gehen. Geiger selbst bemerkt schon selbst sehr treffend, dass bei seinem Buch jeder Leser seine eigenen Anknüpfungspunkte finden wird. Man sollte keinen chronologisch geordneten Text erwarten.

 

Fazit

Ein Buch, in dem wohl jeder Leser, der sich für die Person Arno Geiger interessiert, etwas Wissenswertes über ihn erfährt. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass der Autor an den für mich interessanten Textstellen noch mehr in die Tiefe geht und Dinge ausführlicher schildert, deshalb vergebe ich 4 Sterne und keine 5 Sterne.

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