Ein Suchender
In seinem autobiographischen Werk „Das glückliche Geheimnis“
beschreibt Arno Geiger sein Leben als suchender Schriftsteller. Was ihn
auszeichnet: Seine Liebe zu Büchern und zu Briefkonvoluten. Aus Weggeworfenem
bezieht er seinen Lesestoff und verdient mit dem Verkauf solcher Werke in den
Studentenjahren seinen Lebensunterhalt. Es wird deutlich, mit welcher
Leidenschaft er seinem Treiben nachgeht. Im Rahmen seiner Recherchen und
Lektüren eignet sich Geiger nicht nur viel Wissen, sondern auch
Menschenkenntnis an. Eine wichtige Vorbedingung für seinen Erfolg als hoch
gelobter und mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller.
Die Beschreibungen empfand ich allesamt als recht grob, nicht
detailliert. Ich hatte schon das Gefühl, dass der Autor seine Leser bei allen
privaten Einblicken, die er gewährt, noch auf genügend Abstand halten will (was
auch völlig in Ordnung ist). Geiger bleibt oft im Abstrakten und Vagen, einiges
wird nur angedeutet und angerissen. Dennoch gibt es zahlreiche Passagen, die
ich sehr interessant fand, so z.B. die Beschreibung der Phase des Stillstands,
als Geiger feststeckte und in seinem literarischen Schaffen auf der Stelle
trat. Diese Phase bezeichnet der Autor als depressives Intermezzo.
Auch fand ich solche Textstellen aufschlussreich, wo Geiger Auskunft
über die Verlagsarbeit gibt, auch über den Umgang von Verlagsmitarbeitern mit
seiner Person und seinem Werk. Hier wird schon gut deutlich, wie schwer man es
als Schriftsteller hat, sich zu etablieren, und wie sehr man abhängig ist von
den Entscheidungen anderer. Man benötigt scheinbar einen „langen Atem“. Und irgendwie
ist es schon bitter zu lesen, dass Geiger sich bei der Arbeit an seinem dritten
Buch vom Verlag eher entmutigt als ermutigt fühlte.
Auch solche Passagen, an denen Geiger Einblick in den
Entstehungsprozess von Werken gibt, finde ich äußerst interessant. So wird auch
sehr klar, dass die Arbeit als Schriftsteller anstrengend und auch kraftraubend
ist. Ein Buch zu vollenden, erscheint als regelrechter Leidensprozess. Auch
interessant: Durch die Verleihung eines Buchpreises ändert sich das Leben von
Geiger plötzlich völlig. Dabei berichtet der Autor auch offen darüber, welche
Schattenseiten der Erfolg hat.
Sehr bereichernd fand ich auch die Ausführungen zu der Frage, was
literarische Qualität ausmacht. Und nach Geiger ist es eben nicht die
Stilisierung eines Textes, sondern der Umstand, dass das Geschriebene
alltäglich und unbekümmert sowie aufrichtig verfasst ist. Weiterhin fand ich
Geigers Bemerkungen zum Thema der Lebenserfahrungen und zu der Frage, was
Texten Leben einhaucht, lesenswert. Letztlich finde ich beeindruckend, was
Geiger in Weggeworfenem für „Schätze“ geborgen hat und was er daraus gemacht
hat. Das Entsorgte verleiht seinem künstlerischen Schaffen erst wichtige Impulse.
Ohne die Briefkonvolute z.B. wäre „Unter der Drachenwand“ in dieser Form wohl
nie entstanden.
Was mich grundsätzlich weniger angesprochen hat, waren die
Beschreibungen des Familienlebens mit den tragischen Schicksalsschlägen und die
der Frauengeschichten. Das mag anderen Lesern aber vermutlich ganz anders
gehen. Geiger selbst bemerkt schon selbst sehr treffend, dass bei seinem Buch
jeder Leser seine eigenen Anknüpfungspunkte finden wird. Man sollte keinen
chronologisch geordneten Text erwarten.
Fazit:
Ein Buch, in dem wohl jeder Leser, der sich für die Person Arno
Geiger interessiert, etwas Wissenswertes über ihn erfährt. Manchmal hätte ich
mir gewünscht, dass der Autor an den für mich interessanten Textstellen noch
mehr in die Tiefe geht und Dinge ausführlicher schildert, deshalb vergebe ich 4
Sterne und keine 5 Sterne.
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