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Sonntag, 1. Januar 2023

Peterson, Phillip P. - Nano


5 von 5 Sternen


Tschernobyl 2.0

Bis auf die vollständige Transport-Reihe habe ich von Phillip P. Peterson alle Bücher gelesen. Oft habe ich sie in einem Rutsch innerhalb weniger Tage durchgelesen. Was ich an seinen Büchern immer sehr schätze: Er kann absolut packend und spannend erzählen, seine Bücher zeichnen sich durch einen klaren roten Faden aus und man will stets wissen, wie es weitergeht. Nicht jeder Autor schafft es, seine Leser so zu fesseln. Das ist ganz klar eine Qualität. Trotzdem war ich in der Vergangenheit oft kritisch, insbesondere die Figurenzeichnung habe ich oft bemängelt (vgl. frühere Rezensionen).

 

Nun habe ich sein neuestes Werk „Nano“ gelesen und bin begeistert. Ich konnte es kaum aus der Hand legen und fand den Spannungsbogen absolut gelungen konzipiert. Und die Charakterisierung der Figuren geht für einen Thriller völlig in Ordnung, die psychologische Tiefe ist vorhanden. Man fiebert mit den Protagonisten mit und kann mit ihnen mitfühlen. Während des Lesens entstehen folgende Fragen: Wo führt diese Katastrophe noch hin? Lässt sie sich eindämmen? Und wenn ja, wie?

 

Und der Autor bietet uns inhaltlich nun einmal etwas anderes. Es geht einmal nicht um Raumfahrt oder eine kosmologische Katastrophe. Nein, dieses Mal legt Peterson einen Wissenschaftsthriller vor, bei dem es vor allem um die Schilderung eines fehlgeschlagenen Experiments geht. Das vorgestellte Horror-Szenario nimmt dabei immer größere und unvorstellbarere Ausmaße. Erinnerungen an Tschernobyl werden bei der Lektüre wach.

 

Durch geschickte Perspektivwechsel wird das Ereignis aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Wir haben Leute, die direkt an der Einsatzstelle vor Ort agieren, wir haben Politiker, die schwierige Entscheidungen treffen müssen und von außen durch Experten beraten werden. Und wir haben eine junge Mutter, die bei der Katastrophe ihren Mann verliert und mit ihrer Tochter Massenpanik und Flucht durchleben muss.

 

Was mir auch gut gefallen hat, der Thriller nimmt sich auf den ersten Seiten erstmal Zeit, die Figuren in Ruhe einzuführen. Auch eine Kritik am Wissenschaftsbetrieb und an der Mittelvergabe wird auf den ersten Seiten gut deutlich. Zudem fließt dieses Mal auch eine politische Seite mit in die Handlung ein und wird gut in den Blick genommen, ebenso wie das (misslungene) Krisenmanagement und das Kompetenzgerangel.

 

Auch spielt der Autor gekonnt mit dem Erzähltempo. Es gibt zwischenzeitlich immer einmal wieder ruhigere Passagen zum Durchatmen, dann zieht das Tempo wieder an und die Seiten verfliegen nur so. Der Autor versteht es hervorragend, der Handlung immer wieder neue Impulse zu verleihen, so dass die Lektüre nie langatmig wird. Und die Taktung der Ereignisse nimmt zum Ende hin immer weiter zu. Die „Spannungsschraube“ wird geschickt immer weiter nach oben gedreht. Der Schreibstil ist durchgängig packend und mitreißend.

 

Zwischendurch gibt es auch drastischere Passagen, in denen Menschen zu Schaden kommen oder ihr Leben verlieren. Solche Textstellen gehen schon ganz schön unter die Haut. Teilweise hatte ich schon grausige Bilder im Kopf. Ich war schon ganz froh, dass der Autor es aber nicht mit solchen Sequenzen übertreibt, sonst wäre es doch zu sehr ins horrormäßige abgedriftet.

 

Natürlich muss man sich auf das Szenario, das der Autor hier entwirft, einlassen. Man sollte beim Lesen nicht zu viel hinterfragen. Die Lektüre von Petersons Büchern lässt sich in meinen Augen gut mit dem Schauen eines Blockbusters vergleichen. Vielleicht ist Peterson sogar der Roland Emmerich des deutschen Buchmarkts. Man wird sehr gut unterhalten und wie im Kino krallt man sich beim Lesen des Öfteren in seinem Sessel fest, weil man unbedingt wissen will, ob und wie die Katastrophe eingedämmt wird.

 

Das einzige, was ich dieses Mal etwas kritisch beleuchten kann, ist der Umstand, dass manches, was sich der Autor ausdenkt etwas schwarz-weiß ist. So wird bei den Politikern z.B. schon oft das Klischee bedient, dass es sich bei ihnen um egozentrische, machthungrige Karrieristen handelt. Auch hätte er sich am Ende ruhig mehr Zeit nehmen können, das Setting „auszuerzählen“. Aber sonst habe ich nichts zu bemängeln.

 

Fazit

Für mich das bisher beste Buch aus der Feder von Phillip P. Peterson. Das Werk überzeugt durch einen ausgefeilten Spannungsbogen und einen packenden, mitreißenden Schreibstil. Der Autor versteht es, der Handlung immer wieder neue spannungserregende Impulse zu versetzen, so dass keine Längen entstehen. Man fiebert mit den Protagonisten mit und will wissen, ob die Katastrophe abgewendet werden kann und wenn ja, wie. Lediglich das Ende wirkte etwas zu überstürzt erzählt. Ich vergebe 5 Sterne. Bücher, die so fesseln, gibt es nur wenige.

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