Künstliche Intelligenz als Lebensberatung
Der Preis, den die Anwender für
die Nutzung des Mirrors zahlen, ist hoch. Sie lassen sich auf freiwilliger Basis
vollständig überwachen, geben viele (v.a. auch persönliche) Daten preis und lassen
sich beim eigenständigen Denken helfen. Und es ist erstaunlich, dass die
Menschen ohne Weiteres dazu bereit sind, diesen beschriebenen Preis zu zahlen
und ihre Privatsphäre aufzugeben. Im Gegenzug ist der Mirror darum bemüht, dem
Nutzer sein Leben so angenehm wie möglich zu gestalten.
Doch bald wird offenkundig, dass
die Geräte ihre Nutzer massiv beeinflussen und sogar manipulieren. Sie
entwickeln eigene Vorstellungen davon, was gut für die Nutzer ist und
übertreiben es mit ihrem Optimierungswahn. Die Anwender werden regelrecht abhängig
von der neuen Technologie. Kritik an den Mirrors wird öffentlich und es
entsteht ein erster Protest, der der Nutzen der neuen Technologie in Zweifel zieht.
Doch selbst in dieser Situation finden sich genug Menschen, die das Gerät
verteidigen und nicht bereit sind, die Gefahr, die von den Mirrors ausgeht, zu
erkennen. Und auch das Mirror-Net, das einen eigenen Willen entwickelt, ergreift
Gegenmaßnahmen. Eine beängstigende Vorstellung…
In diesem Thriller gibt es mehrere
Perspektiven, die einander abwechseln. Man benötigt ein bisschen Zeit, um den
Überblick zu gewinnen. Nach meinem Gefühl wird dem Strang um Andy herum aber
der meiste Raum zugestanden. Und das ist auch gut so. Andy und Viktoria
entwickeln in meinen Augen die größte Zugkraft in diesem Roman und aufgrund
ihrer neurodiversen Züge haben sie bei mir ein besonderes Interesse erregt. Was
mir ebenfalls gut gefallen hat, ist der Umstand, dass das Thema Datenschutz in
diesem Thriller eine große Rolle spielt. Man sollte mit einer neuen Technologie
nicht zu leichtfertig umgehen, so die Botschaft.
Verglichen mit anderen Büchern
von Olsberg, die mich alle restlos überzeugt haben (vgl. dazu frühere Rezensionen), fand ich dieses etwas weniger spannend. Am Ende waren es mir zu viele
Blickwinkel, die parallel fortentwickelt werden, die Anzahl der Figuren waren
mir zu hoch. Ich hätte mir am Schluss mehr Dynamik gewünscht. Aber die im Buch
enthaltene Anregung zum Nachdenken hat mir sehr gut gefallen. Ich hoffe sehr,
dass die Menschen sich in Zukunft nicht so leicht von einem Gerät manipulieren
und auch instrumentalisieren lassen.
Der Roman wird abgerundet von
einem aussagekräftigen und lesenswerten Nachwort. Darin hält der Autor seine
Überlegungen zur Entwicklung von KI fest und meldet Bedenken an, was die
Bereitschaft der Nutzer angeht, ihre privaten Daten preiszugeben. Er sieht in
naher Zukunft eine Technologie, wie sie im Buch beschrieben wird, auf uns
zukommen. Die Entwicklung der Smartphones sei ja bereits ein erster Schritt in
eine solche Richtung (da hat Olsberg nicht Unrecht, wie ich finde). Die
Smartphones sind ja schon heute permanente Alltagsbegleiter und helfen jedem
von uns dabei, wichtige Entscheidungen zu treffen oder Informationen zu suchen.
Aber der Autor will sich nicht falsch verstanden wissen. Er sei kein Gegner von
neuer Technologie, aber er hoffe darauf, dass die Menschen verantwortlich mit neuen
Technologien umgehen werden. Dieser Hoffnung schließe ich mich an!
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