Faszination Mond
Wer denkt, dass durch die Apollo-Missionen alles Wissenswerte zum Mond bereits zu Tage gefördert wurde, der irrt. Immer noch spielt der Mond als Untersuchungsobjekt eine große Rolle. Das macht Prof. Dr. Harald Hiesinger in seinem Vorwort zu dem Sachbuch „Mondlandschaften“ (hrsg. von Thorsten Dambeck 2022) deutlich. So planten verschiedene Länder weitere Missionen zum Mond, um dadurch das Sonnensystem insgesamt besser zu verstehen. Was dieses Buch neben den informativen Texten zum Mond v.a. auszeichnet, sind die vielen, qualitativ hochwertigen Bilder (teils in 3D, eine Brille liegt bei). Vieles im Text wird durch passende Original-Fotos unterstützt, so dass man sich direkt einen Eindruck zu den berichteten Details der Mondoberfläche bilden kann. Auf diese Weise macht es Spaß, sich mit der Geologie unseres Trabanten genauer zu beschäftigen.
Kapitel 1 – Das Lunare Faszinosum
Hier wird dargelegt, warum der
Mond eine solche Faszination auf den Menschen ausübt. Schon im antiken
Griechenland sei man vom Mond fasziniert gewesen. Die Menschheit hätte immer
wieder einen starken Aberglauben über die Macht des Mondes entwickelt und bestimmte
Monderscheinungen als Vorboten für bestimmte Ereignisse gedeutet. In
wissenschaftlicher Hinsicht sei er dann v.a. durch die Forschungen von Galileo
Galilei ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Dieser habe ein Fernrohr zur
Monderkundung genutzt und dort Krater entdeckt. Im 19. Jh. habe die
Mondkarte von Johann Heinrich von Mädler und Wilhelm Wolff Beer großes Aufsehen
erregt und sei zum Standardwerk geworden. Beide fertigten detaillierte Skizzen
der Oberflächen an. Oft sei auch die menschliche Fantasie mit im Spiel gewesen.
Kepler schrieb z.B. bereits im 17. Jh. eine Geschichte über die erste Reise zum
Mond. Und auch später hätten Forscher immer wieder aberwitzige Ideen zu
Entdeckungen auf dem Mond entwickelt. Nicht zuletzt äußert der Autor, dass der
Mond auch auf das Tierreich massiven Einfluss ausübt. Es gebe z.B.
Meereswürmer, die in Neumondnächten an die Oberfläche des Meeres kommen, um
sich fortzupflanzen. Und auch andere Organismen wiesen mondzyklisches Verhalten
auf. Darüber hinaus existieren wissenschaftliche Forschungen zu den Wirkungen
des Mondes auf den Menschen. V.a. sein Einfluss auf den Schlaf ist ein großes
Thema. Die Ergebnisse seien aber uneindeutig.
Kapitel 2 – Der Nachbar der Erde
Nun werden einige Fakten rund um
den Mond berichtet. So wird z.B. die gebundene Rotation erklärt und auch das
Erscheinungsbild des Mondes wird genauer erläutert (Stichwort: Maria und Terrae).
Der höchste Berg auf dem Mond ist der Mons Huygens mit 5,5 Km. Und auch einige
Krater werden in diesem Kapitel knapp erwähnt. Die Temperatur schwankt von -170
bis +120 Grad. Von den 205 Monden, die die acht Planeten in unserem
Sonnensystem umkreisen, gehört der Erdmond mit zu den schwersten Exemplaren.
Auch der Entstehungsvorgang des
Mondes wird erläutert. Eine zentrale Theorie der Mondforschung besagt, dass es
zu einer Kollision in der frühen Erdgeschichte gekommen ist, die zur
Herausbildung des Mondes geführt hat. Der Himmelskörper, mit dem die Erde einst zusammengestoßen sein soll, nennt man Theia (Herkunft dieses Objekts ist
unklar, vermutlich stammte es aus dem äußeren Sonnensystem). Diese Erklärung
genießt unter den Mondforschern große Zustimmung, so der Autor. Zu diesen
Ergebnissen sei man aufgrund der chemischen Analysen des Mondgesteins gelangt.
Man sei aber gleichzeitig bis heute auf der Suche nach Überresten von Theia. Letztlich
bleibt die Annahme von Theia eine Hypothese (wenn auch eine sehr überzeugende).
Ein weiteres Thema ist die
Rückseite des Mondes. Im Text wird auf einige Besonderheiten hingewiesen. Beide
Seiten wiesen große Unterschiede auf. Besonders hervor steche u.a. ein großes
Einschlagbecken auf der Rückseite. Man geht davon aus, dass in der frühen
Geschichte des Mondes ein großer Himmelskörper auf die Rückseite einschlug und
sich tief in die Kruste eingrub. Interessant ist auch die Information, dass auf
dem Mond eine extrem dünne Exosphäre existiert, die vor allem aus Edelgasen
besteht. Im Text werden Annahmen über die Geschichte dieser Mondgashülle
vorgestellt. Womöglich wies der Mond in jungen Jahren sogar ein Magnetfeld auf,
so der Autor. Die chemische Analyse von Gesteinsproben werde diesbezüglich
weitere Erkenntnisse hervorbringen.
Abschließend geht es in diesem
Kapitel um das Vorhandensein von Eis auf dem Mond. V.a. in den Polargebieten
sei die Konzentration von Wassereis hoch (und das trotz der unglaublich tiefen
Temperaturen von bis zu -230 Grad). Auch im Untergrund des Mondes wird noch
viel gefrorenes Wasser vermutet. Für zukünftige Mondmissionen bedeutet dies,
dass sogar Mondbasen vorstellbar sind, die aus dem Mondgestein Wasser gewinnen.
Aus heutiger Sicht erscheint das noch unglaublich.
Kapitel 3 – Der Mondatlas
In diesem Kapitel werden 10
Karten des Mondes präsentiert, der inzwischen vollständig fotografiert und
vermessen worden ist. Es gibt eine Karte zum Nordpol, eine zum Südpol und vier
weitere zur nördlichen Äquatorregion sowie vier zur südlichen Äquatorregion.
Alle größeren Krater sind darauf namentlich benannt. Und auch die Landestellen
sämtlicher Mondmissionen sind verzeichnet. Des Weiteren wird auf die gängigen
Bezeichnungen von Terra („Hochland“) und Mare („Tiefebene“) eingegangen, die
auf Kepler zurückgehen. Interessant: Die meisten Maria werden auf ein Alter von
3 bis 3,5 Milliarden Jahre datiert. Sie sind mit dunklem vulkanischem Gestein
angefüllt und erscheinen uns von der Erde aus deshalb dunkler. Man geht davon
aus, dass die „Mondmeere“ durch Einschläge von Himmelskörpern auf der
Oberfläche entstanden sind.
Auch wird in diesem Kapitel erläutert,
was bei der Kraterbildung für Prozesse passieren und welche Unterschiede es bei
den Erscheinungsformen gibt. Darüber hinaus werden noch weitere geologische
Formationen vorgestellt und erklärt (alles mit dazugehörigem passendem
Bildmaterial, teils in Großformat, teils in 3D): Dome, Rillen, Lavaröhren.
Weitere tektonische Strukturen, die Erwähnung finden: Gräben und Faltengraten. Auch
seismische Aktivtäten werden thematisiert. So kommt es auf dem Mond zu
Felsstürzen, die erkennbare Rillen hinterlassen (wird durch Bildmaterial
belegt), und es ereignen sich Mondbeben. Das dritte Kapitel stellt in meinen
Augen v.a. auch ein visuelles Highlight dar. So kommen z.B. prächtige
Panoramabilder von den Apollo-Missionen vor. Besonders angetan haben es mir
aber die Bilder von folgenden Kratern in 3D: Eimmart A (S. 146), Atlas A (S.
149), Hell Q (S. 152) und Euler (S. 153)
Ein weiteres Thema ist der
Mondboden. Dieser wird von feinkörnigem Material bedeckt: dem Regolith. Durch
die Analyse der Zusammensetzung dieses feinen Gesteins könne man herausfinden,
wie sich die Sonnenaktivität im Laufe der Zeit verändert hat. Darüber hinaus
sei experimentell nachgewiesen worden, dass im Regolith auch Pflanzen wachsen
können. Faszinierend! Und der Autor nennt eine weitere Idee, die aus heutiger
Sicht nach Science-Fiction klingt: Die Nutzung von Lavaröhren als Schutzraum
für zukünftige Mondbasen.
In chronologischer Reihenfolge
finden auch die Apollo-Missionen in diesem Kapitel in knapper Form Erwähnung
(beginnend mit Apollo 11). Interessant finde ich die Aufnahmen von den
Landeplätzen der Missionen auf den S. 114-121 mit den erkennbaren Fußspuren der
Astronauten. So kann man sogar nachvollziehen, welche Wege die Astronauten von
der Landekapsel aus zurückgelegt haben. Solche Aufnahmen sind mir bisher noch
nie untergekommen. Klasse!
Weiterhin widmet sich der Autor
in diesem Kapitel dem riesigen Krater Tycho, den man schon von der Erde aus
sehen kann und bei dem es sich um einen noch relativ jungen Krater handelt
(höchstens einige 100 Mio. Jahre). Von ihm aus verlaufen helle Strahlen über
die Oberfläche des Mondes. Auch eine weitere Information ist erstaunlich: Durch
die ständige voranschreitende Abkühlung des Mondes schrumpft er. Dies hinterlasse
auch Spuren auf der Oberfläche. So seien Stellen erkennbar, an denen die Kruste
aufgerissen ist.
Kapitel 4 – Die Monde der anderen
In diesem Kapitel werden Monde
anderer Planeten in den Blick genommen. Jupiters Monde z.B. seien so groß, dass
sie teilweise als Planeten durchgehen könnten, wenn sie eine eigene Umlaufbahn
hätten. Galilei hat vier davon damals als Erster entdeckt (1610). Später fand
Christian Huygens den Saturnmond Titan (1655). Danach folgte Giovanni Domenico
Cassini, der vier weitere Monde beim Saturn ausmachte (1684). Insgesamt weist
unser Sonnensystem 205 Monde auf, davon gehören 82 zu Saturn und 79 zu Jupiter.
Dabei unterscheide man zwischen regulären und irregulären Monden. Letztere würden
sich dadurch auszeichnen, dass sie in entgegengesetzter Richtung um ihren
Planeten kreisen. Man geht davon aus, dass sie irgendwann von der Schwerkraft
eingefangen worden sind.
Der Jupitermond Io ist der
vulkanisch aktivste Himmelskörper im Sonnensystem, was an den Gezeitenkräften
liegt, die Jupiter auf ihn ausübt. Er werde regelrecht durchgeknetet. Er weist zudem
die höchsten Gebirge im Sonnensystem auf. Ein weiteres Unterkapitel wird dem
Jupitermond Europa gewidmet, der v.a. von der Galileo-Sonde näher erkundet
wurde. Man stellte fest, dass unter seiner Kruste ein globaler Ozean existiert.
Auch dort könnte also Leben existieren. Auch auf Kallisto und auf Ganymed (ebenfalls
Monde des Jupiter) vermutet man im Inneren flüssige Schichten aus Salzwasser.
Auch die Saturnmonde sind
aussichtsreiche Kandidaten für extraterrestrisches Leben. Auf Titan landete z.B.
die Huygens-Sonde (2005). Dort existieren Seen, die mit flüssigem Erdgas gefüllt
sind. Und bei Enceladus wurden organische Moleküle in den Fontänen von
Wasserdampf nachgewiesen, die er ins All ausstößt. Die Monde des Saturn werden wie
bei Jupiter von den Gezeitenkräften aufgeheizt. Darüber hinaus werden in kurzen,
äußerst knappen Texten weitere Monde vorgestellt, die nach meiner Erfahrung selten
Erwähnung finden: Iapetus, Hyperion, Tethys, Ariel (S. 180-181), Charon (S.
182) und Triton (S. 183).
Kapitel 5 – Reiseziel Mond
Hier findet die Artemis-Mission
Erwähnung, die das Erbe von Apollo antreten soll, und es wird ein vorsichtiger
Blick in die Zukunft der Mondforschung geworfen. Fernes Ziel solle es sein,
dass die Menschen einen Außenposten auf dem Mond beziehen. Doch bis dahin sei
es noch ein weiter Weg. Es müsse noch einiges ausgekundschaftet werden, um die
Voraussetzungen für eine solche Mission zu schaffen.
In Experimenten aber habe man bereits
Pflanzen im Mondboden kultiviert. Dabei sind die biologischen Ergebnisse interessant.
So hätten die Mondgewächse stärker verkümmerte Wurzeln und man stellte fest,
dass die von den Apollo-Missionen mitgebrachten Böden von unterschiedlicher
Qualität waren. Auch wird erläutert, dass davon auszugehen ist, dass die
Chinesen ebenfalls mit ihren Forschungen einen wichtigen Beitrag für die zukünftige
Erforschung des Mondes leisten werden.
Von besonderer Relevanz wird es
sein, Wasservorkommen aufzuspüren und zu nutzen. Wassereis sei der wichtige
Rohstoff überhaupt. Aus ihm müsse Trinkwasser, Sauerstoff und auch Raketentreibstoff
gewonnen werden. Es werden ambitionierte Pläne skizziert, was in den nächsten
Jahren passieren soll. Sogar der Bau einer festen Orbitalstation in der Mondumlaufbahn
gehört dazu. Doch es bleibt abzuwarten, was von den im Buch erwähnten Vorhaben tatsächlich
umgesetzt wird. Die hohen anfallenden Kosten könnten z.B. einen Hinderungsgrund
darstellen.
Kapitel 6 – Der Weg zum eigenen
Mond
Im letzten Kapitel wird aufgezeigt, wie jede und jeder
einen persönlichen Zugang zum Mond finden kann. So kann man bereits mit wenigen
und einfachen Hilfsmitteln eigene astronomische Beobachtungen durchführen. Ein
lohnendes Beobachtungsfeld seien die Mondphasen oder der Mondaufgang sowie der
Vollmond. Interessant ist z.B., dass der Vollmond aufgrund der elliptischen
Umlaufbahn mal größer und mal kleiner erscheint. Auch ließen sich Effekte
beobachten, die mit dem Begriff „Libration“ genauer bezeichnet werden und die
Sichtbarkeit der Mondhemisphäre betreffen. Sie entstünden aufgrund der taumelnden
Bewegung und der geneigten Umlaufbahn des Mondes. Mit Fotos wird das Ganze
verdeutlicht. Als weiteres lohnendes Beobachtungsfeld wird die Mondfinsternis
erläutert (z.B. das Ereignis des sog. „Blutmonds“). Nicht zuletzt könne man
veränderliche Licht- und Schatteneffekte von der Erde ausmachen, v.a. dort wo
Tag und Nacht auf der Mondoberfläche aufeinandertreffen. Im Text werden die
jeweiligen Besonderheiten genau und nachvollziehbar erklärt. Fotos helfen
dabei, sich die Effekte genauer vorzustellen. Das letzte Kapitel ist also v.a.
etwas für Leserinnen und Leser, die überlegen, als Hobby-Astronomen tätig zu
werden und den Mond mit optischen Hilfsmitteln etwas genauer beobachten zu wollen.