Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 9. Februar 2025

Dambeck, Thorsten - Mondlandschaften


Faszination Mond




Wer denkt, dass durch die Apollo-Missionen alles Wissenswerte zum Mond bereits zu Tage gefördert wurde, der irrt. Immer noch spielt der Mond als Untersuchungsobjekt eine große Rolle. Das macht Prof. Dr. Harald Hiesinger in seinem Vorwort zu dem Sachbuch „Mondlandschaften“ (hrsg. von Thorsten Dambeck 2022) deutlich. So planten verschiedene Länder weitere Missionen zum Mond, um dadurch das Sonnensystem insgesamt besser zu verstehen. Was dieses Buch neben den informativen Texten zum Mond v.a. auszeichnet, sind die vielen, qualitativ hochwertigen Bilder (teils in 3D, eine Brille liegt bei). Vieles im Text wird durch passende Original-Fotos unterstützt, so dass man sich direkt einen Eindruck zu den berichteten Details der Mondoberfläche bilden kann. Auf diese Weise macht es Spaß, sich mit der Geologie unseres Trabanten genauer zu beschäftigen.

 

Kapitel 1 – Das Lunare Faszinosum

Hier wird dargelegt, warum der Mond eine solche Faszination auf den Menschen ausübt. Schon im antiken Griechenland sei man vom Mond fasziniert gewesen. Die Menschheit hätte immer wieder einen starken Aberglauben über die Macht des Mondes entwickelt und bestimmte Monderscheinungen als Vorboten für bestimmte Ereignisse gedeutet. In wissenschaftlicher Hinsicht sei er dann v.a. durch die Forschungen von Galileo Galilei ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Dieser habe ein Fernrohr zur Monderkundung genutzt und dort Krater entdeckt. Im 19. Jh. habe die Mondkarte von Johann Heinrich von Mädler und Wilhelm Wolff Beer großes Aufsehen erregt und sei zum Standardwerk geworden. Beide fertigten detaillierte Skizzen der Oberflächen an. Oft sei auch die menschliche Fantasie mit im Spiel gewesen. Kepler schrieb z.B. bereits im 17. Jh. eine Geschichte über die erste Reise zum Mond. Und auch später hätten Forscher immer wieder aberwitzige Ideen zu Entdeckungen auf dem Mond entwickelt. Nicht zuletzt äußert der Autor, dass der Mond auch auf das Tierreich massiven Einfluss ausübt. Es gebe z.B. Meereswürmer, die in Neumondnächten an die Oberfläche des Meeres kommen, um sich fortzupflanzen. Und auch andere Organismen wiesen mondzyklisches Verhalten auf. Darüber hinaus existieren wissenschaftliche Forschungen zu den Wirkungen des Mondes auf den Menschen. V.a. sein Einfluss auf den Schlaf ist ein großes Thema. Die Ergebnisse seien aber uneindeutig.

 

Kapitel 2 – Der Nachbar der Erde

Nun werden einige Fakten rund um den Mond berichtet. So wird z.B. die gebundene Rotation erklärt und auch das Erscheinungsbild des Mondes wird genauer erläutert (Stichwort: Maria und Terrae). Der höchste Berg auf dem Mond ist der Mons Huygens mit 5,5 Km. Und auch einige Krater werden in diesem Kapitel knapp erwähnt. Die Temperatur schwankt von -170 bis +120 Grad. Von den 205 Monden, die die acht Planeten in unserem Sonnensystem umkreisen, gehört der Erdmond mit zu den schwersten Exemplaren.

Auch der Entstehungsvorgang des Mondes wird erläutert. Eine zentrale Theorie der Mondforschung besagt, dass es zu einer Kollision in der frühen Erdgeschichte gekommen ist, die zur Herausbildung des Mondes geführt hat. Der Himmelskörper, mit dem die Erde einst zusammengestoßen sein soll, nennt man Theia (Herkunft dieses Objekts ist unklar, vermutlich stammte es aus dem äußeren Sonnensystem). Diese Erklärung genießt unter den Mondforschern große Zustimmung, so der Autor. Zu diesen Ergebnissen sei man aufgrund der chemischen Analysen des Mondgesteins gelangt. Man sei aber gleichzeitig bis heute auf der Suche nach Überresten von Theia. Letztlich bleibt die Annahme von Theia eine Hypothese (wenn auch eine sehr überzeugende).

Ein weiteres Thema ist die Rückseite des Mondes. Im Text wird auf einige Besonderheiten hingewiesen. Beide Seiten wiesen große Unterschiede auf. Besonders hervor steche u.a. ein großes Einschlagbecken auf der Rückseite. Man geht davon aus, dass in der frühen Geschichte des Mondes ein großer Himmelskörper auf die Rückseite einschlug und sich tief in die Kruste eingrub. Interessant ist auch die Information, dass auf dem Mond eine extrem dünne Exosphäre existiert, die vor allem aus Edelgasen besteht. Im Text werden Annahmen über die Geschichte dieser Mondgashülle vorgestellt. Womöglich wies der Mond in jungen Jahren sogar ein Magnetfeld auf, so der Autor. Die chemische Analyse von Gesteinsproben werde diesbezüglich weitere Erkenntnisse hervorbringen.

Abschließend geht es in diesem Kapitel um das Vorhandensein von Eis auf dem Mond. V.a. in den Polargebieten sei die Konzentration von Wassereis hoch (und das trotz der unglaublich tiefen Temperaturen von bis zu -230 Grad). Auch im Untergrund des Mondes wird noch viel gefrorenes Wasser vermutet. Für zukünftige Mondmissionen bedeutet dies, dass sogar Mondbasen vorstellbar sind, die aus dem Mondgestein Wasser gewinnen. Aus heutiger Sicht erscheint das noch unglaublich.

 

Kapitel 3 – Der Mondatlas

In diesem Kapitel werden 10 Karten des Mondes präsentiert, der inzwischen vollständig fotografiert und vermessen worden ist. Es gibt eine Karte zum Nordpol, eine zum Südpol und vier weitere zur nördlichen Äquatorregion sowie vier zur südlichen Äquatorregion. Alle größeren Krater sind darauf namentlich benannt. Und auch die Landestellen sämtlicher Mondmissionen sind verzeichnet. Des Weiteren wird auf die gängigen Bezeichnungen von Terra („Hochland“) und Mare („Tiefebene“) eingegangen, die auf Kepler zurückgehen. Interessant: Die meisten Maria werden auf ein Alter von 3 bis 3,5 Milliarden Jahre datiert. Sie sind mit dunklem vulkanischem Gestein angefüllt und erscheinen uns von der Erde aus deshalb dunkler. Man geht davon aus, dass die „Mondmeere“ durch Einschläge von Himmelskörpern auf der Oberfläche entstanden sind.

Auch wird in diesem Kapitel erläutert, was bei der Kraterbildung für Prozesse passieren und welche Unterschiede es bei den Erscheinungsformen gibt. Darüber hinaus werden noch weitere geologische Formationen vorgestellt und erklärt (alles mit dazugehörigem passendem Bildmaterial, teils in Großformat, teils in 3D): Dome, Rillen, Lavaröhren. Weitere tektonische Strukturen, die Erwähnung finden: Gräben und Faltengraten. Auch seismische Aktivtäten werden thematisiert. So kommt es auf dem Mond zu Felsstürzen, die erkennbare Rillen hinterlassen (wird durch Bildmaterial belegt), und es ereignen sich Mondbeben. Das dritte Kapitel stellt in meinen Augen v.a. auch ein visuelles Highlight dar. So kommen z.B. prächtige Panoramabilder von den Apollo-Missionen vor. Besonders angetan haben es mir aber die Bilder von folgenden Kratern in 3D: Eimmart A (S. 146), Atlas A (S. 149), Hell Q (S. 152) und Euler (S. 153)

Ein weiteres Thema ist der Mondboden. Dieser wird von feinkörnigem Material bedeckt: dem Regolith. Durch die Analyse der Zusammensetzung dieses feinen Gesteins könne man herausfinden, wie sich die Sonnenaktivität im Laufe der Zeit verändert hat. Darüber hinaus sei experimentell nachgewiesen worden, dass im Regolith auch Pflanzen wachsen können. Faszinierend! Und der Autor nennt eine weitere Idee, die aus heutiger Sicht nach Science-Fiction klingt: Die Nutzung von Lavaröhren als Schutzraum für zukünftige Mondbasen.

In chronologischer Reihenfolge finden auch die Apollo-Missionen in diesem Kapitel in knapper Form Erwähnung (beginnend mit Apollo 11). Interessant finde ich die Aufnahmen von den Landeplätzen der Missionen auf den S. 114-121 mit den erkennbaren Fußspuren der Astronauten. So kann man sogar nachvollziehen, welche Wege die Astronauten von der Landekapsel aus zurückgelegt haben. Solche Aufnahmen sind mir bisher noch nie untergekommen. Klasse!

Weiterhin widmet sich der Autor in diesem Kapitel dem riesigen Krater Tycho, den man schon von der Erde aus sehen kann und bei dem es sich um einen noch relativ jungen Krater handelt (höchstens einige 100 Mio. Jahre). Von ihm aus verlaufen helle Strahlen über die Oberfläche des Mondes. Auch eine weitere Information ist erstaunlich: Durch die ständige voranschreitende Abkühlung des Mondes schrumpft er. Dies hinterlasse auch Spuren auf der Oberfläche. So seien Stellen erkennbar, an denen die Kruste aufgerissen ist.

 

Kapitel 4 – Die Monde der anderen

In diesem Kapitel werden Monde anderer Planeten in den Blick genommen. Jupiters Monde z.B. seien so groß, dass sie teilweise als Planeten durchgehen könnten, wenn sie eine eigene Umlaufbahn hätten. Galilei hat vier davon damals als Erster entdeckt (1610). Später fand Christian Huygens den Saturnmond Titan (1655). Danach folgte Giovanni Domenico Cassini, der vier weitere Monde beim Saturn ausmachte (1684). Insgesamt weist unser Sonnensystem 205 Monde auf, davon gehören 82 zu Saturn und 79 zu Jupiter. Dabei unterscheide man zwischen regulären und irregulären Monden. Letztere würden sich dadurch auszeichnen, dass sie in entgegengesetzter Richtung um ihren Planeten kreisen. Man geht davon aus, dass sie irgendwann von der Schwerkraft eingefangen worden sind.

Der Jupitermond Io ist der vulkanisch aktivste Himmelskörper im Sonnensystem, was an den Gezeitenkräften liegt, die Jupiter auf ihn ausübt. Er werde regelrecht durchgeknetet. Er weist zudem die höchsten Gebirge im Sonnensystem auf. Ein weiteres Unterkapitel wird dem Jupitermond Europa gewidmet, der v.a. von der Galileo-Sonde näher erkundet wurde. Man stellte fest, dass unter seiner Kruste ein globaler Ozean existiert. Auch dort könnte also Leben existieren. Auch auf Kallisto und auf Ganymed (ebenfalls Monde des Jupiter) vermutet man im Inneren flüssige Schichten aus Salzwasser.  

Auch die Saturnmonde sind aussichtsreiche Kandidaten für extraterrestrisches Leben. Auf Titan landete z.B. die Huygens-Sonde (2005). Dort existieren Seen, die mit flüssigem Erdgas gefüllt sind. Und bei Enceladus wurden organische Moleküle in den Fontänen von Wasserdampf nachgewiesen, die er ins All ausstößt. Die Monde des Saturn werden wie bei Jupiter von den Gezeitenkräften aufgeheizt. Darüber hinaus werden in kurzen, äußerst knappen Texten weitere Monde vorgestellt, die nach meiner Erfahrung selten Erwähnung finden: Iapetus, Hyperion, Tethys, Ariel (S. 180-181), Charon (S. 182) und Triton (S. 183).

 

Kapitel 5 – Reiseziel Mond

Hier findet die Artemis-Mission Erwähnung, die das Erbe von Apollo antreten soll, und es wird ein vorsichtiger Blick in die Zukunft der Mondforschung geworfen. Fernes Ziel solle es sein, dass die Menschen einen Außenposten auf dem Mond beziehen. Doch bis dahin sei es noch ein weiter Weg. Es müsse noch einiges ausgekundschaftet werden, um die Voraussetzungen für eine solche Mission zu schaffen.

In Experimenten aber habe man bereits Pflanzen im Mondboden kultiviert. Dabei sind die biologischen Ergebnisse interessant. So hätten die Mondgewächse stärker verkümmerte Wurzeln und man stellte fest, dass die von den Apollo-Missionen mitgebrachten Böden von unterschiedlicher Qualität waren. Auch wird erläutert, dass davon auszugehen ist, dass die Chinesen ebenfalls mit ihren Forschungen einen wichtigen Beitrag für die zukünftige Erforschung des Mondes leisten werden.

Von besonderer Relevanz wird es sein, Wasservorkommen aufzuspüren und zu nutzen. Wassereis sei der wichtige Rohstoff überhaupt. Aus ihm müsse Trinkwasser, Sauerstoff und auch Raketentreibstoff gewonnen werden. Es werden ambitionierte Pläne skizziert, was in den nächsten Jahren passieren soll. Sogar der Bau einer festen Orbitalstation in der Mondumlaufbahn gehört dazu. Doch es bleibt abzuwarten, was von den im Buch erwähnten Vorhaben tatsächlich umgesetzt wird. Die hohen anfallenden Kosten könnten z.B. einen Hinderungsgrund darstellen.


Kapitel 6 – Der Weg zum eigenen Mond

Im letzten Kapitel wird aufgezeigt, wie jede und jeder einen persönlichen Zugang zum Mond finden kann. So kann man bereits mit wenigen und einfachen Hilfsmitteln eigene astronomische Beobachtungen durchführen. Ein lohnendes Beobachtungsfeld seien die Mondphasen oder der Mondaufgang sowie der Vollmond. Interessant ist z.B., dass der Vollmond aufgrund der elliptischen Umlaufbahn mal größer und mal kleiner erscheint. Auch ließen sich Effekte beobachten, die mit dem Begriff „Libration“ genauer bezeichnet werden und die Sichtbarkeit der Mondhemisphäre betreffen. Sie entstünden aufgrund der taumelnden Bewegung und der geneigten Umlaufbahn des Mondes. Mit Fotos wird das Ganze verdeutlicht. Als weiteres lohnendes Beobachtungsfeld wird die Mondfinsternis erläutert (z.B. das Ereignis des sog. „Blutmonds“). Nicht zuletzt könne man veränderliche Licht- und Schatteneffekte von der Erde ausmachen, v.a. dort wo Tag und Nacht auf der Mondoberfläche aufeinandertreffen. Im Text werden die jeweiligen Besonderheiten genau und nachvollziehbar erklärt. Fotos helfen dabei, sich die Effekte genauer vorzustellen. Das letzte Kapitel ist also v.a. etwas für Leserinnen und Leser, die überlegen, als Hobby-Astronomen tätig zu werden und den Mond mit optischen Hilfsmitteln etwas genauer beobachten zu wollen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen