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Freitag, 24. Januar 2025

Stridsberg, Sara - Das große Herz


Das Leben in Beckomberga



Der Einstieg in diesen Roman ist tragisch. Es beginnt mit dem Suizid des Protagonisten Olof, der sich von einem Sendemast stürzt. Durch seine Krankheit fühlt er sich vom Rest der Welt abgeschottet und so, als ob er nicht zu ihr dazugehört. Frisch aus der psychiatrischen Klinik entlassen, weiß er nichts mit seinem Leben anzufangen.

 

Danach lernen wir verschiedene Patientenschicksale in der Heilanstalt kennen, es bleibt aber lange unklar, wer uns das Geschehen eigentlich präsentiert und spricht. Später erfahren wir dann, dass es sich um Jackie handelt. Sie ist die 14-jährige Tochter desjenigen, der sich zu Beginn des Romans das Leben genommen hat, und besucht ihn regelmäßig in der Klinik. Die Zeitebenen verschwimmen. Sie trifft dort auf Patienten, führt viele Gespräche mit ihnen und richtet neugierige Nachfragen an sie. Auch verliebt sie sich dort. Es wird jedenfalls deutlich, dass das Thema Suizid allgegenwärtig ist und das Schicksal der Kranken wenig hoffnungsvoll wirkt. Schwermut wird greifbar. Die Last des Lebens wiegt schwer.

 

Zwischendrin kommt es immer mal wieder zu Notfällen, die in die Klinik eingeliefert werden. Und zwischen dem Oberarzt und dem Opfer vom Beginn des Romans (Olof) finden Gespräche statt. Es wird klar, dass der Oberarzt Vertrauen in ihn setzt und ihm Mut zuspricht, das Leben außerhalb der Klinik allein bewältigen zu können. Die Klinik ist für viele eine wichtige Stütze. Bricht sie weg, kann es für den einen oder anderen zu einer Überforderung werden (die dann auch tragisch enden kann). Viele haben auch die Erlaubnis, das Klinikgelände zu verlassen. Für andere ist es aber eher Gefängnis als Klinik.

 

Beiläufig werden auch Informationen zur Entstehungsgeschichte der Klinik eingebaut und wir erfahren, welche Idee ihr überhaupt zugrunde lag (sie wurde 1995 geschlossen). Es handelt sich um den Ort „Beckomberga“ in Schweden, den es wirklich gab. Es war eines der größten psychiatrischen Krankenhäuser Europas. Zu Spitzenzeiten beherbergte es ca. 2000 Patienten (Ich empfehle dazu eine ausführliche Recherche im Internet).

 

Die Sprache des Buchs ist sehr poetisch, es ist nicht immer einfach, die Dialoge zu durchdringen und einen Zugang zu ihnen zu finden. Teils sind sie chiffriert und künstlerisch-ästhetisch gestaltet, dann aber auch einmal wieder bedeutungsschwer. Die Gedankenführung ist oft sprunghaft und zeichnet sich durch assoziative Verkettung aus. Das mag nicht jedem Leser und jeder Leserin zusagen. Die Handlung ist grundsätzlich schwer greifbar, es fehlt ein klarer roter Faden oder Spannungsbogen. Über weite Strecken herrscht Handlungsarmut. Der Alltag in der Klinik und das, was außerhalb passiert, bleibt oft nebulös-vage. Zudem fehlt eine klare und griffige Sprache, was das Verständnis erschwert und eine hohe emotionale Beteiligung verhindert (leider!). Auch Bildlichkeit ist stark ausgeprägt. Was mich aber etwas irritiert hat: Die Vater-Tochter-Beziehung spielt in diesem Roman kaum eine Rolle und findet kaum Erwähnung. Oder ist es gerade das, was die Beziehung der beiden ausmacht: Abwesenheit? Insgesamt fiel es mir schwer, mich auf diesen Stil einzulassen. Mir war es zu ästhetisch-experimentell. Deshalb nur 2 Sterne!

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