Ewiges Leben in einer Computersimulation?
In
einer weiteren Perspektive lernen wir Julia, die Schwester von Manuel, kennen.
Ungeachtet von Manuels Krankheit necken sich beide und gehen weitestgehend
normal miteinander um. Sie nimmt keine übertriebene Rücksicht auf ihn, und genau
das gefällt Manuel. Gleichzeitig wird aber spürbar, dass sie sich große Sorgen
um ihren Bruder macht (was sie ihm gegenüber aber nicht zeigt). Auch zeichnet
sie sich durch einen besonderen Beschützerinstinkt aus. Des Weiteren werden
punktuell auch die Eltern immer mal wieder erwähnt und es wird deutlich, dass
diese große Ängste ausstehen und einen beschwerlichen Alltag zu bewältigen
haben.
Inmitten
dieser Situation keimt plötzlich ein Funke neuer Hoffnung auf. Eine neuartige
Technologie könnte es Manuel ermöglichen, seinen Geist in eine Maschine zu
transferieren. Die Prozedur birgt aber auch ein Risiko: Das Gehirn würde beim
Scanvorgang zerstört. Wird sich Manuel dennoch dazu entscheiden? Und welche
Konsequenzen hätte das? Wird das Verfahren glücken? Und wie mag es Manuel im
Anschluss daran gehen? In diesem Zusammenhang werden auch höchst philosophische
Fragen nach dem Menschsein thematisiert. Was macht einen Menschen aus? Ist es
gar ein Akt der Befreiung und des Fortschritts, sich von seinem menschlichen
Körper zu befreien? Wie wird es sich auf den Menschen auswirken, in einer
simulierten Realität zu existeren? Weitere Fragen, die sich stellen: Ist man
nach dem Scan wirklich derselbe wie vorher? Wie frei ist man noch in einer
Simulation?
Im
Gespräch mit den Eltern werden Pro- und Kontra-Argumente ausgetauscht, die für
oder gegen eine Teilnahme an dem Verfahren sprechen. Dabei finden z.B. auch
religiöse Argumente Erwähnung, aber auch die Neurologie und Philosophie kommen
zu Wort. Wer überlegt, dieses Buch im Unterricht einzusetzen, könnte also
wunderbar das Argumentieren trainieren. Auch das Thema virtuelle Realität und
Computerspiele kommt an einigen Stellen vor und bietet inhaltliche
Anknüpfungspunkte. So wirkt die VR täuschend echt und man kann sie nicht mehr von
der Wirklichkeit unterscheiden (ein möglicher Blick in die nahe Zukunft?). Sogar
die rechtliche Seite des Scanverfahrens wird an einer Stelle kurz gestreift:
Welche Rechte hätte die digitale Version von Manuel? Hätte sie die gleichen
Rechte wie ein Mensch? Und nicht zuletzt wird religiöser Fanatismus
verdeutlicht. Kurzum: Das Werk gibt inhaltlich sehr, sehr viel her!
Das Buch weist auch schöne Wendungen auf, die das Geschehen in eine andere Richtung lenken. Für Abwechslung beim Lesen ist also gesorgt, es dürfte nicht langweilig werden. Und noch etwas: Ich persönlich finde interessant, dass eigentlich nur Menschen mit einem intakten Gehirn an einem solchen Scanvorgang teilnehmen könnten (im Buch wird dieses Problem aber nicht thematisiert). Was ist mit denjenigen, deren Gehirn aufgrund einer Erkrankung ein degeneriertes Organ aufweisen (z.B. durch Alzheimer oder Demenz)? Für sie wäre der Transfer ihres Geistes in eine Maschine wohl keine gute Idee…
Der dritte Teil kann unabhängig von den anderen beiden Bänden gelesen werden und ist in sich abgeschlossen (wie auch Band 1 und 2), man benötigt keinerlei Vorkenntnisse. Inhaltlich wird aber dennoch elegant ein Bogen zu den vorherigen Büchern geschlagen (die man dann nur versteht, wenn man diese kennt). Insgesamt handelt es sich in meinen Augen um eine tolle Jugendbuch-Reihe, bei der alle drei Teile eine gleichbleibend hohe inhaltliche Qualität aufweisen und die zahlreiche Anknüpfungspunkte für Diskussionen und eigene Positionierungen bietet. Das finde ich sehr gelungen. Ein Einsatz im Unterricht wäre ohne Weiteres möglich. Von mir gibt es 5 Sterne!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen