Kenntnisreich und spannend
Danach
kommt es zu einem Szenenwechsel. Wir sind in einem Hörsaal der Hamburger
Universität und wohnen einer Veranstaltung zur mittelalterlichen Kryptologie
bei, in der es im Rahmen eines Seminars um eine mysteriöse Schrift geht. Von
einem Zuhörer des Seminars wird der Redner, Paulus Brenner, im Anschluss in ein
Gespräch verwickelt, bei dem ihm ein Buch übergeben wird, das in einem schwer
entzifferbaren Kode geschrieben wurde und der Großmutter von Paulus gehört
haben soll. Der Zuhörer bittet den Kryptologen darum, sein Erbe zu
entschlüsseln. Und tatsächlich: Das Buch wird von Paulus im Folgenden einer
kryptologischen Analyse unterzogen und es macht den Anschein, als habe ein
zweiter Nostradamus das Werk verfasst. In dem mittelalterlichen Manuskript
werden Geschehnisse mit genauem Datumsangaben vorhergesagt, die der Verfasser
nicht kennen kann. Wie ist das möglich? Kann es eine logische Erklärung dafür
geben? Ein weiterer spannungserregender Impuls entsteht dadurch, dass Paulus
bald darauf in gefährliche Situationen gerät. Er wird verfolgt. Auch andere
Personen haben es auf das Manuskript abgesehen. Immer wieder muss Paulus
flüchten. Das liest sich sehr spannend!
Der
Thriller lässt eine ausführliche und exakte Recherche erkennen, und zwar in
vielerlei Hinsicht. So wird z.B. die methodische Vorgehensweise der
kryptologischen Analyse nachvollziehbar geschildert. Zudem lernen wir etwas
über mittelalterliche Handschriften, über Kirchengeschichte oder über den
Kölner Dom. Der inhaltliche Bogen wird weit gespannt (sogar bis zur
Quantenphysik). Das gefällt mir richtig, richtig gut. Es hat etwas von Dan
Brown, was Karl Olsberg hier mit „Die achte Offenbarung“ abliefert. Und auch
die Spannungskurve ist über das ganze Werk hinweg stark ausgeprägt. Dadurch,
dass das Manuskript schrittweise entschlüsselt wird, ist man als Leser fortwährend
neugierig, wie es weitergeht und welche Prophezeiungen noch enthalten sind. Und
die Spannung erreicht ihren Höhepunkt, als Paulus Vorhersagen entschlüsselt,
die unmittelbar die Gegenwart betreffen. Es wird klar, dass das Schicksal der
Menschheit bedroht ist…
Zudem
sind die entschlüsselten Passagen äußerst kreativ gestaltet worden und laden
zum Miträtseln ein. Auch das ist gelungen. Die Handlung schreitet stetig voran,
es gibt keine Längen. Auch das finde ich klasse! Nicht zuletzt ist die
Figurenzeichnung für einen Thriller nach meinem Empfinden ebenfalls gut
gelungen und wird auf den Punkt gebracht. D.h. die Figuren haben ein klares
Profil, aber es wird nicht zu tiefgründig und auch nicht zu oberflächlich. Kurzum:
Erneut ein Buch von Olsberg, das mich wieder überzeugt hat. Schon „Boy in a
white room“, „girl in a strange land“, „virtua“ und „Das System“ fand ich
klasse (vgl. dazu frühere Rezensionen). Das kommt nicht häufig vor, dass ein
Autor in der Lage ist, mich immer wieder aufs Neue zu fesseln. Und dieses Mal
geht es nicht um KI und virtuelle Realität, sondern der Autor beschreitet neue erzählerische
„Pfade“. Ich bin mir sicher, dass ich noch weitere Bücher von Olsberg lesen
werde.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen