Auf der Jagd nach dem Mercedes-Killer
Ein
Mercedes rast in eine Menschenmenge von Arbeitssuchenden. Besonders tragisch:
Unter den Opfern befindet sich auch eine junge Mutter mit ihrem Baby. Danach
folgt ein Sprung auf Ebene der Gegenwart: Wir lernen Detective William Hodges
kennen, der sich im Ruhestand befindet und seinen Alltag mit Talkshows
bestreitet. Er hat suizidale Gedanken und wird von Schlaflosigkeit geplagt.
Doch dann erhält er eines Tages einen Brief vom Mercedes-Killer, in dem dieser sich
seiner Tat rühmt und den ehemaligen Polizisten provoziert und herausfordert. Und
Hodges nimmt die Herausforderung an. Er reaktiviert seine alten Kompetenzen und
beginnt mit seinen Ermittlungen. So ist erstaunlich, was er alles aus dem Brief
des Täters herausliest. Hodges erscheint als unglaublich guter Analytiker. Und
es kommt zum Duell zwischen dem sadistischen, größenwahnsinnigen Killer und dem
pensionierten Ex-Cop, der nun eine neue Lebensaufgabe gefunden hat. Es kommt zu
einem packenden Katz- und Maus-Spiel in Stephens Kings Thriller „Mr. Mercedes“ (2014).
Auffällig
ist, dass King in seinem Buch auf übersinnliche Elemente verzichtet, wie man es
von ihm oft kennt. Es handelt sich um einen „klassischen“ Thriller, der durch
die packende Verfolgungsjagd und sehr umfassend und detailliert ausgearbeitete
Charaktere besticht. Der Mörder wird z.B. als klarer Verlierer-Typ dargestellt.
Seine Gedankengänge sind äußerst bösartig und voll von Gewaltphantasien. Manchmal
erschien es mir schon übertrieben böse, was dem Täter alles so durch den Kopf
geht. Aber wer weiß schon, was ein sadistischer Serienmörder wirklich denkt? Die
Handlung spielt auf zwei Zeitebenen, auf der Vergangenheitsebene wird uns der
Anschlag des Mercedes-Killer mit den daran anschließenden (erfolglosen) Ermittlungen
geschildert und auf der Gegenwartsebene geht es um das Katz-und-Maus-Spiel von
Hodges und dem Attentäter.
Das
Tempo in diesem Thriller ist nicht allzu hoch, dafür verliert sich Stephen King
dann doch an der einen oder anderen Stelle in zu vielen Details und schweift
oft in verschiedene Richtungen ab. Auch legt der Autor großen Wert darauf, die
Figuren sehr facettenreich zu gestalten. Dafür nimmt er sich viel Raum. Das
bremst zwar auf der einen Seite das Tempo, auf der anderen Seite habe ich
selten einen Thriller gelesen, in denen die Figuren so gründlich und breit konzipiert
worden sind. Das ist schon außergewöhnlich und sie entfalten beide auf ihre
Weise große „Zugkraft. Und was King auch gut entworfen hat: Es wechselt im
Handlungsverlauf ständig, wer Jäger und Gejagter ist. Mal scheint der Mercedes-Killer
die Oberhand zu gewinnen, mal ist es Hodges. Wer wird am Ende gewinnen? Und noch
etwas verleiht dem Ganzen „Würze“: Der Täter befindet sich permanent in
Schlagdistanz zum Ex-Cop. Er beobachtet und überwacht ihn. Perspektivwechsel
zwischen Hodges und dem Killer sind ebenfalls geschickt platziert. Das alles
ist durchdacht arrangiert! Auch das Finale in diesem Thriller ist
außerordentlich packend geraten.
Fazit:
Ein toller Thriller, den ich gerne gelesen habe. Dennoch kann ich aus zwei
Gründen keine 5 Sterne geben. 1. Manches war dann doch etwas konstruiert, damit
die Spannungskurve steigt. Es hat mich beim Lesen zwar nicht gestört und ich
verstehe auch, dass ein Autor an der einen oder anderen „Stellschraube“ drehen
muss, um Dramatik zu erzeugen, aber in sehr guten Thriller, fällt so etwas gar
nicht erst auf. 2. Ich mag temporeiche Thriller (das ist einfach eine
persönliche Vorliebe), so dass es mir dann doch insgesamt zu gemächlich
voranging (Ausnahme: das Finale). Aber das mögen andere Leser:innen für sich
womöglich ganz anders bewerten.
2 Kommentare:
Das Stephen King nicht zu viele unrealistische und fantasievolle Elemente in diesem Thriller verwendet, gefällt mir. Ich kenne bisher nur "Friedhof der Kuscheltiere" und "Es" und das aus filmischer Sicht, gelesen habe ich bisher noch kein Buch von ihm. Diese beiden Filme haben bisher bei mir dazu beigetragen, nichts von King zu lesen. Aber wie schon erwähnt, "Holly" habe ich auf meinem SuB liegen. VG
Danke für deinen Kommentar. In diesem Buch gibt es gar keine fantasievollen Elemente. King verzichtet völlig darauf. Die Filme, die du nennst, kenne ich auch. Holly knüpft übrigens in gewisser Weise an Mr. Mercedes an, denn Holly tritt dort bereits als Figur auf. VG
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