Enttäuschender Klima-Thriller
Klima-Thriller
sind ein beliebtes Sub-Genre (vgl. zum Beispiel Wolf Harlander und Uwe Laub).
Bis auf „Celsius“ von Marc Elsberg habe ich bisher allerdings noch nichts in
diese Richtung gelesen. Das wollte ich gern ändern und meine Wahl fiel auf „White
Zero“ von Thilo Falk.
Zur
Handlung: Eine Kältewelle hat Deutschland seit Monaten fest im Griff. Das
öffentliche Leben liegt weitgehend brach. Die massive Kälte hat Auswirkungen
auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bausubstanz leidet, die Regierung
zahlt eine Frostprämie, Amazon erhebt auch für Prime-Mitglieder Versandgebühren
etc. In Form von eingeschobenen Presseberichten, die durchaus kreativ gestaltet
worden sind, erfahren wir als Leser:innen mehr über den Zustand in der Bundesrepublik.
Es werden verschiedene gesellschaftliche Bereiche beleuchtet. Und man weiß
nicht, was hinter diesem Wetterphänomen steckt. Was ist die Ursache? Ist es der
Beginn einer neuen Eiszeit oder eine Folge des Klimawandels? Und ist das Problem
lösbar? Diese Fragen treiben die
Handlung voran.
Soweit
so gut. Allerdings konnte mich das Buch leider überhaupt nicht packen, und zwar
zu keinem Zeitpunkt. Es gab zu viele Figuren, die noch dazu alle sehr langsam
eingeführt werden, und für einen Katastrophen-Thriller gab es nach meinem Geschmack
leider zu wenig „Katastrophe“, dafür aber viele Beziehungsdramen zwischen den
Charakteren. Überspitzt formuliert: 90% des Thrillers waren Lindenstraße, 10%
waren Klima-Thriller. Für mich war der Personenkreist viel zu groß, und ich
habe mit keiner der Figuren mitfiebern können. Darüber hinaus: Kein Tempo, viel
zu wenig Impulse, die Spannung aufbauen oder Neugier entfachen. Was die
Handlung trägt sind zwei Fragen: Warum gibt es eine Kältewelle und wie lange
dauert sie? Das reicht für mich nicht aus!
Hinzu
kommt für mich ein massives Logikproblem: Deutschland steht nach einem harten
Winter mit eisigen Temperaturen schon am Abgrund? Ernsthaft? Was sollen denn
die Leute in Sibirien sagen? Für mich ist die Katastrophe einfach
überdramatisiert und wirkt dadurch unglaubwürdig. Und wo sind die Forscher, die
der Katastrophe näher auf den Grund gehen? Wo sind Expeditionen und wo ist die
internationale Zusammenarbeit, um das Problem zu lösen? Wo sind dramatische
menschliche Schicksale, mit denen man mitfiebern könnte? Wo sind die verschiedenen
Erklärungsansätze, die miteinander konkurrieren, um das Wetterextrem zu
erklären? Wo ist die Wissenschaft, die sich darum bemüht, Antworten zu finden?
Wo ist die Katastrophe, die immer größere Ausmaße annimmt? Es hat mich einfach
nicht mitgerissen. Die eigentliche Grundhandlung von „White Zero“ lässt sich
mit wenigen Sätzen zusammenfassen. Das ist zu wenig!
Und
das, was dann als Erklärung für die „Eiszeit“ angeführt wird, war für mich
nicht überzeugend. Sie ist viel zu einfallslos und unrealistisch, völlig an den
Haaren herbeigezogen. Und die angedachte Lösung des Problems ist ebenso banal. Garniert
wird die Handlung dann noch mit schwarz-weiß-Darstellung von Politik und
Wirtschaft. Nicht mein Fall! Wer einen richtigen Katastrophen-Thriller lesen
will, der zwar nichts mit Klima zu tun hat, sondern eher mit Science-Fiction,
der lese „Nano“ von Phillip P. Peterson. Dort wird deutlich, wie man Spannung
und Tempo erzeugt. Nach „Celsius“ leider wieder ein Reinfall im Bereich „Klima-Thriller“.
Ich frage mich, ob ich jemals einen Klima-Thriller finden werde, der mich
richtig begeistert. Von mir gibt es für dieses enttäuschende Werk 2 Sterne.
1 Kommentar:
Dieses Buch habe ich gerade bei Vorablesen gegen Punkte eingelöst. Ich bin gespannt, ob ich auf eine ähnlich deprimierende Rezension komme. VG
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