Kurzweilig, amüsant, kreativ
Lust
auf ein zerstrittenes Ehepaar in den Vierzigern, das sich gegenseitig im
Therapiegespräch die Hölle heiß macht? Dann empfehle ich die Lektüre der
Komödie „Die Wunderübung“ von Daniel Glattauer. Es handelt sich um einen
Einakter, der mich immer dann hat schmunzeln lassen, wenn die gegenseitigen
Anfeindungen besonders giftig waren (was sagt das nur über mich aus?).
Wo
sonst als im Dialog ist eine Handlung unmittelbarer? In diesem Stück entstehen
Ereignishaftigkeit und Emotionalität schon allein durch den darin angelegten
Beziehungskonflikt. Das Stück strotzt vor Lebhaftig- und Kurzweiligkeit sowie
Abwechslungsreichtum. Ich fühlte mich während der Lektüre prima unterhalten.
Direkt
zu Beginn wird deutlich, wie Joanna ihrem Mann ständig Vorwürfe macht. Und
gleichzeitig unterstellt ihr Mann Valentin ihr seinerseits stets böse
Absichten. Vor allem die Aufteilung der gemeinsamen Pflichten, die über das
Berufliche hinausgehen, scheinen ihnen Probleme zu bereiten. Ein weiterer
zentraler Vorwurf von Joanna: Valentin wolle sich nicht ändern und er habe seine
Leidenschaft verloren. Der hitzige Konflikt ist also vorprogrammiert. Und der
Therapeut als neutrale Instanz versucht zu vermitteln. Er kämpft regelrecht
darum, das Positive und Verbindende der Doreks herauszustellen. Problem: Seine
fehlende Durchsetzungsstärke und Überforderung im Dialog.
Die
Frage, die man sich natürlich während der Lektüre stellt, ist die Folgende:
Werden die Doreks ihre Krise überwinden? Finden sie wieder zusammen oder werden
sie sich trennen? Zu Beginn macht es jedenfalls den Eindruck, als seien
Valentin und Joanna hoffnungslose Fälle. Zwar wird deutlich, dass beide früher
einmal aufrichtig und innig ineinander verliebt waren (ihre gemeinsamen Rückblicke
in die Vergangenheit sind verträumt), aber wird das reichen? Beide scheinen
einander unversöhnlich gegenüberzustehen. Zwischenzeitlich fragt man sich, ob
es sich um eine Tragikkomödie handelt.
Doch
dann kommt es im letzten Drittel zu einer schönen Wendung. Der Therapeut fällt
aus seiner professionellen Rolle heraus. Eine Veränderung belebt die Handlung.
Der Fokus verschiebt sich auf den Berater. Herrlich! Alles wird plötzlich auf
den Kopf gestellt. Doch ich will nicht zu viel verraten.
Fazit:
Ein rundum gelungenes Stück mit einem kreativ angelegten Grundkonflikt. Die
Figuren machen allesamt eine Wandlung durch. Die Auflösung des Einakters am
Ende ist einfallsreich und amüsant. Mir hat die Lektüre viel Spaß gemacht. Auch
die Komik hat mir zugesagt, sowohl was sprachliche Gestaltung, Charaktere und
Situation angeht. Ich gebe 5 Sterne!
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