Der Killer-Beamte
Ein
Täter betritt eine Bäckerei, schießt wild um sich und verletzt dabei zwei
Menschen schwer und einen Menschen tödlich. Doch was trieb ihn zu dieser Tat?
Was war sein Motiv? Und wie geht es nun mit dem Mörder weiter? Der Straftäter
schweigt und zusammen mit Rocco Eberhardt, dem Strafverteidiger, erschließt man
sich als Leser peu a peu Hintergründe zu dieser Katastrophe. Darum geht es in
dem Justiz-Krimi „Die siebte Zeugin“ von Florian Schwiecker und Michael Tsokos.
Der
Roman startet also mit einer spannende Ausgangssituation, die bei mir direkt
Interesse erzeugt hat. Und was noch sehr auffällt: Die Handlung wird mit
kurzen, knackigen Kapiteln dynamisch und ereignisreich vorangetrieben. Wir
bleiben als Leser:in meist nicht lange an der Perspektive einer Figur haften,
sondern es kommt zu raschen Szenen- und Blickwinkelwechseln. Das erzeugt
Abwechslung. Mir hat das sehr gut gefallen (man kann diese rasche Erzählweise in
meinen Augen mit Thrillern von Arno Strobel vergleichen). Der Preis für diese
Dynamik ist aber eine schwache Figurenzeichnung, mit Ausnahme von Rocco
Eberhardt und dem Täter. Bei dem Täter ist es vor allem das familiäre Umfeld,
das genauer in den Blick genommen wird, und bei Rocco sind es familiäre Konflikte,
die ab und zu Erwähnung finden.
Ich
hatte während der Lektüre keine Langeweile, der Spannungsbogen ist hoch, es
passiert ständig etwas Neues. Der Fall ist spannend und die Gerichtsverhandlung
erhält auch immer neue Impulse. Der Einblick in das deutsche Gerichtswesen
macht einen authentischen und realistischen Eindruck (hier merkt man die
Fachkenntnis der Autoren). Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Figur Justus
Jarmer, also die gerichtsmedizinische Seite, noch mehr Raum einnimmt. Hier
hatte ich aufgrund der Ankündigung auf dem Klappentext mehr erwartet. Auch kann
Rocco Eberhardt als Charakter nicht mit dem Charisma und der Rafinesse eines
Eddie Flynn mithalten (vgl. meine Rezension zu „Thirteen“ von Steve Cavanagh). Ein
paar Ecken und Kanten sowie juristische Listigkeit hätten es ruhig mehr sein
können.
Was
noch auffällt: Es werden recht viele verschiedene Perspektiven in die Handlung
eingebunden, so dass der Fall von unterschiedlichen Seiten aus recht
differenziert beleuchtet wird. Und im Laufe der Handlung nimmt er immer größere
Ausmaße an. Auch das hat mir richtig gut gefallen! Und was ich noch lobend
erwähnen möchte: Der Täter durchläuft eine Entwicklung. Durch die vielen neuen
Informationen, die wir als Leser:in erhalten, verändert sich der Blick auf
Nikolas Nölting, den Mörder. Der Sachverhalt erscheint am Ende des Buchs in
einem anderen Licht. Das ist gut! Gleichzeitig werfen die Autoren damit eine
interessante Frage auf: Wie viel Verständnis darf man für einen Mörder haben?
Fazit:
Ein spannender, wendungsreicher Fall mit einem packenden Finale in Form einer
Verhandlung. Das Ganze wird sehr dynamisch, realistisch und authentisch erzählt.
Die Ereignishaftigkeit erzeugt hohes Tempo, so dass keine Langeweile aufkommt. Auch
verändert sich im Laufe der Lektüre der Blick auf den Täter. Das ist gut
arrangiert. Die Figuren hätten lediglich
noch tiefgründiger gestaltet werden können. Ich gebe 4 Sterne! Abschließende
Bemerkung: Der zweite Fall hat mir noch einen Tick besser gefallen (vgl. meine
Rezension zu „Der 13. Mann“).
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