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Dienstag, 23. Mai 2023

Florian Schwiecker und Michael Tsokos - Die 7. Zeugin


4 von 5 Sternen


Der Killer-Beamte


Ein Täter betritt eine Bäckerei, schießt wild um sich und verletzt dabei zwei Menschen schwer und einen Menschen tödlich. Doch was trieb ihn zu dieser Tat? Was war sein Motiv? Und wie geht es nun mit dem Mörder weiter? Der Straftäter schweigt und zusammen mit Rocco Eberhardt, dem Strafverteidiger, erschließt man sich als Leser peu a peu Hintergründe zu dieser Katastrophe. Darum geht es in dem Justiz-Krimi „Die siebte Zeugin“ von Florian Schwiecker und Michael Tsokos.

 

Der Roman startet also mit einer spannende Ausgangssituation, die bei mir direkt Interesse erzeugt hat. Und was noch sehr auffällt: Die Handlung wird mit kurzen, knackigen Kapiteln dynamisch und ereignisreich vorangetrieben. Wir bleiben als Leser:in meist nicht lange an der Perspektive einer Figur haften, sondern es kommt zu raschen Szenen- und Blickwinkelwechseln. Das erzeugt Abwechslung. Mir hat das sehr gut gefallen (man kann diese rasche Erzählweise in meinen Augen mit Thrillern von Arno Strobel vergleichen). Der Preis für diese Dynamik ist aber eine schwache Figurenzeichnung, mit Ausnahme von Rocco Eberhardt und dem Täter. Bei dem Täter ist es vor allem das familiäre Umfeld, das genauer in den Blick genommen wird, und bei Rocco sind es familiäre Konflikte, die ab und zu Erwähnung finden.

 

Ich hatte während der Lektüre keine Langeweile, der Spannungsbogen ist hoch, es passiert ständig etwas Neues. Der Fall ist spannend und die Gerichtsverhandlung erhält auch immer neue Impulse. Der Einblick in das deutsche Gerichtswesen macht einen authentischen und realistischen Eindruck (hier merkt man die Fachkenntnis der Autoren). Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Figur Justus Jarmer, also die gerichtsmedizinische Seite, noch mehr Raum einnimmt. Hier hatte ich aufgrund der Ankündigung auf dem Klappentext mehr erwartet. Auch kann Rocco Eberhardt als Charakter nicht mit dem Charisma und der Rafinesse eines Eddie Flynn mithalten (vgl. meine Rezension zu „Thirteen“ von Steve Cavanagh). Ein paar Ecken und Kanten sowie juristische Listigkeit hätten es ruhig mehr sein können.

 

Was noch auffällt: Es werden recht viele verschiedene Perspektiven in die Handlung eingebunden, so dass der Fall von unterschiedlichen Seiten aus recht differenziert beleuchtet wird. Und im Laufe der Handlung nimmt er immer größere Ausmaße an. Auch das hat mir richtig gut gefallen! Und was ich noch lobend erwähnen möchte: Der Täter durchläuft eine Entwicklung. Durch die vielen neuen Informationen, die wir als Leser:in erhalten, verändert sich der Blick auf Nikolas Nölting, den Mörder. Der Sachverhalt erscheint am Ende des Buchs in einem anderen Licht. Das ist gut! Gleichzeitig werfen die Autoren damit eine interessante Frage auf: Wie viel Verständnis darf man für einen Mörder haben?

 

Fazit

Ein spannender, wendungsreicher Fall mit einem packenden Finale in Form einer Verhandlung. Das Ganze wird sehr dynamisch, realistisch und authentisch erzählt. Die Ereignishaftigkeit erzeugt hohes Tempo, so dass keine Langeweile aufkommt. Auch verändert sich im Laufe der Lektüre der Blick auf den Täter. Das ist gut arrangiert.  Die Figuren hätten lediglich noch tiefgründiger gestaltet werden können. Ich gebe 4 Sterne! Abschließende Bemerkung: Der zweite Fall hat mir noch einen Tick besser gefallen (vgl. meine Rezension zu „Der 13. Mann“).

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