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Samstag, 4. März 2023

Schmitt, Caroline - Liebewesen


3 von 5 Sternen


Drum prüfe, wer sich ewig bindet…


Puh, ich gebe zu, das Buch hat mich nicht kalt gelassen. Wie könnte es auch? Bei dieser Thematik. Caroline Schmitt schildert in ihrem Roman „Liebewesen“ eine Liebesgeschichte, die tragischer nicht sein könnte. Und bei der Lektüre hat sich bei mir eigentlich ein Gefühl breit gemacht: Wut! Und zwar Wut auf Lio und Max, die völlig gedanken- und verantwortungslos agieren. Beide leben locker, lässig, studentisch unbeschwert, in meinen Augen vor allem oberflächlich.

 

Der Umgangston der beiden ist geprägt von einer dauerhaften Ironie, Gespräche werden zu ironisch gefärbten Schlagabtauschen, eine seltsame Beziehung, die die beiden führen, eine Beziehung ohne Tiefgang, zwar mit viel Gefühl und Lust auf Sex sowie jeder Menge Partyleben, aber sonst ist da nicht viel zwischen beiden, vor allem nichts Ernsthaftes. Beiden geht es vor allem um eines: Spaß! Das war zumindest mein Eindruck bei der Lektüre dieses Buchs. Und wenn man die Konsequenzen bedenkt, die dann vor allem Lio trägt, so kann ich nur mit dem Kopf schütteln und verspüre abermals Wut.

 

Auch auf Max war ich wütend. Sein Verhalten gegenüber Lio ist in meinen Augen völlig daneben. Er agiert absolut egoistisch und verantwortungslos. Und das Lio sich das von ihm gefallen lässt, ohne ihn damit zu konfrontieren, was ist das bitte für eine Partnerschaft? Der Entscheidungsfindungsprozess von Lio lässt mich ebenfalls fassungslos zurück. Hier hätte man in meinen Augen inhaltlich viel mehr problematisieren können. Und ich wundere mich dann doch über andere Rezensionen zu diesem Buch (aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht habe ich das Buch ja auch nicht richtig verstanden).

 

Problematisch finde ich auch eine Aussage aus der Umschlaginnenseite des Buchs. Ich zitiere: „Vor allem aber erzählt sie (die Autorin, Anm. d. Verf.) die Geschichte einer großen Befreiung.“ Diese Formulierung kann man auch missverstehen. Wenn man bedenkt, welche Entscheidung Lio trifft, so würde ich hier bestimmt nicht von einer „Befreiung“ sprechen. Oder heißt Befreiung etwa, dass man das Recht auf Verantwortungslosigkeit hat, ohne die Konsequenzen seines Handelns zu bedenken? Und noch etwas, das mich bei der Vermarktung dieses Buchs irritiert. So heißt es im Klappentext: „Ein sprachgewaltiges Debüt über die Abgründe unausgesprochener Traumata.“ Meiner Meinung nach werden diese Traumata viel zu oberflächlich thematisiert. Und sollen die Traumata dann eine Rechtfertigung dafür sein, sich gedanken- und verantwortungslos verhalten zu dürfen? Zu den Figuren heißt es dann in einem weiteren Zitat auf dem Klappentext: „Seine Figuren sind angedetscht und überfordert und tapfer und hoffnungsvoll, kurz: Sie sind wie wir.“ Also ich bin auf jeden Fall nicht so wie die Protagonisten, kann mich auch nicht mit ihnen identifizieren und die Beschreibungen halte ich für fragwürdig (aber wie gesagt: Vielleicht habe ich das Buch auch nicht verstanden).

 

Fazit

In meinen Augen birgt dieses Buch vielmehr Zündstoff, als ihm bisher zuteil wurde. Es gibt sehr viele Aspekte, an denen man sich „reiben“ kann. Mich wundert sehr, dass man sich in anderen Rezensionen so wenig kritisch mit dem Inhalt auseinandersetzt. Was die schriftstellerische Qualität angeht, gibt es an diesem Werk nichts auszusetzen. Der Stil ist eingängig, die Seiten fliegen so dahin. Doch was mir missfällt oder was ich nicht verstehe, das ist die Vermarktung des Inhalts. Das was auf dem Klappentext oder in der Umschlagseite aus dem Buch gemacht wird, geht in meinen Augen völlig daneben. Und das wundert mich doch. Auch das Cover ist mir ein Rätsel: In welchem Bezug steht es zum Inhalt? Ich stoße mit meiner Interpretationskompetenz hier an Grenzen. Oder geht es dem Verlag doch nur darum, Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erzielen? Ich vergebe 3 Sterne, und zwar wegen des unpassenden Marketings und weil es stellenweise doch zu oberflächlich ist, was die Autorin vorlegt. Ich hätte mir noch mehr Problematisierung an manchen Stellen gewünscht.

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