Da wäre mehr drin gewesen…
Oft liest man in Rezensionen zu Büchern, den Satz „Potential bleibt
ungenutzt“ oder „der Roman bleibt unter seinen Möglichkeiten“. In meinen Augen
trifft dieser Satz (leider) auch sehr gut auf den Debutroman „Roxy“ von Johann
von Bülow zu. Ich will gerne begründen, warum ich das so sehe.
Der Roman ist in fünf Teile gegliedert, und leider wird das Buch erst
ab dem vierten Teil erst so richtig interessant. Carolin ist eine reizvolle
Figur mit viel Potential. Gerade ihre geschilderten Erfahrungen mit der
Therapie und ihr Aufenthalt in der Klinik sind gute Ansatzpunkte. Sie ist eine
Figur mit Ecken und Kanten. Und die angedachte Rivalität von Roy und Marc ist
doch eine gute Ausgangsidee. Eine Dreiecksbeziehung bietet immer reichlich
Konfliktpotential. Leider kommt diese Rivalität zwischen den beiden aber in
meinen Augen viel zu kurz. Insgesamt wirkten Roy und Marc einfach zu glatt auf
mich. Auch wenn der Einblick in das Schauspielerdasein durchaus interessant
ist. Aber insgesamt wäre da mehr drin gewesen!
Und es gibt noch etwas, das mich beim Lesen gestört hat. Zu großen
Teilen wird die Handlung in Form eines Erzählerberichts geschildert, und das
sehr detailliert und ausufernd sowie ereignislos. Ich empfand diesen Erzählstil
als ermüdend. Aus Marcs Leben reiht sich Episode an Episode und als Leser weiß
man viel zu lange nicht, worauf das Ganze hinausläuft. Mir war die Handlung zu
ziellos, ich hatte so gut wie keine offenen Fragen im Kopf, die ich beantwortet
wissen wollte. Das wirkt sich bei mir negativ auf die Lesemotivation aus. Ich
habe das Buch ziemlich unbeteiligt gelesen, der Funke wollte leider einfach
nicht überspringen. Auch hier wäre mehr drin gewesen!
Abschließend noch ein Wunsch: Auf den ersten Seiten blitzt feiner
Humor durch. Die Beschreibung der Großmama ist gut gelungen und lustig
gestaltet. Leider verliert sich dieser Humor allerdings auf den nachfolgenden
Seiten. Dabei hätte ein lockerer Erzählton dem Roman gut getan, stellenweise
wurde es mir schon zu philosophisch, der Autor wirft an vielen Stellen immer
einmal wieder Fragen in den Raum, über die man als Leser dann nachdenken kann.
Auch hier wäre in meinen Augen mehr drin gewesen!
Und noch ein Gedankenspiel: Zwischenzeitlich habe ich mich sogar
gefragt, ob man das Buch evtl. dem Genre der Popliteratur zuordnen kann. Einige
Merkmale dieses Genres finden sich durchaus auch bei „Roxy“. Ich habe diesen
Gedanken dann aber schnell wieder verworfen. Dafür kommt das Werk einfach zu
ernst und zu wenig subversiv daher. Gleichzeitig habe ich mich gefragt, ob es „Roxy“
vielleicht sogar gut getan hätte, noch mehr popliterarische Elemente zu
integrieren. Dazu kann sich jeder Leser selbst ein Urteil bilden.
Fazit:
Es gibt Bücher, da will der Funke zwischen Leser und Buch
einfach nicht überspringen. Dann passt es leider einfach nicht. Für mich hätten
die Charaktere mehr Ecken und Kanten aufweisen sollen, die eigentliche Handlung
um Carolin startet viel zu spät, die angedachte Rivalität zwischen Marc und Roy
kommt mir zu wenig zum Ausdruck. Mir war auch lange nicht klar, worauf die
Handlung hinausläuft. Hier wäre einfach mehr drin gewesen. Auch habe ich den
Humor von den Anfangsseiten im weiteren Handlungsverlauf vermisst. Ich vergebe knappe
3 Sterne!
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