5 von 5 Sternen
Einfühlsam, bewegend, kindgerecht
Der Tod gehört zum Leben dazu und Kinder interessieren sich nach
meiner Erfahrung auch für dieses traurige Thema. Natürlich müssen die Eltern
selbst entscheiden, wie sie dieses Thema angehen und mit ihrem Nachwuchs
besprechen. Manchmal sind es ja auch Trauerfälle in der eigenen Familie, die
das Thema dann umso wichtiger erscheinen lassen. Wie dem auch sei, das
vorliegende Kinderbuch mit dem Titel „Großvaters Walnuss“ von Ammi-Joan Paquette, schön illustriert von
Felicita Sala, ist auf jeden Fall ein Buch, das ganz behutsam mit diesem Thema
umgeht und es den vorlesenden Eltern auch selbst überlässt, wie ausführlich und
vertieft sie das Kapitel „Tod“ thematisieren wollen.
Ich will in dieser Rezension zu Beginn direkt zum Kern der Sache
kommen, denn das wird für die meisten Eltern von Interesse sein: Wie wird der
Tod dargestellt? Ist es kindergerecht? Im Buch selbst wird der Tod des
Großvaters nur auf metaphorischer Ebene angesprochen („Danach wurden die Tage
sehr kalt und sehr dunkel. Emilia hielt ihren Großvater fest, solange sie nur
konnte. Dann verabschiedete sie sich von ihm“). Auf dem entsprechenden Bild ist dann das Haus
von Emilia zusammen mit Nachbarhäusern in Vogelperspektive zu sehen. Sie schaut
aus dem Fenster, Rauch steigt auf, der Himmel ist dunkel. Auf der Straße in
einiger Entfernung fährt zudem ein Auto, das man wohl als Teil eines Leichenwagens
interpretieren könnte (Die Front des Autos ist nicht erkennbar).
Nicht jedes Kind wird verstehen, was mit Abschied nehmen gemeint ist.
Und jede Familie muss für sich selbst beantworten, ob das Kind bei einem
Trauerfall von dem Sterbenden Abschied nimmt (und wenn ja, auf welche Weise)
oder ob Kinder nicht mit diesem Thema konfrontiert werden sollen. Manchmal ist
es ja auch gar nicht mehr möglich, Abschied zu nehmen. All dies kann man mit seinem
Nachwuchs ja situationsgerecht besprechen. Ich finde die Lösung, die die
Autorin hier gewählt hat, auf jeden Fall pietätvoll und angemessen.
Nun zum Rest des Kinderbuchs: Mich überzeugt vor allem die sehr
durchdachte Bebilderung und der einfühlsame Text dazu. Die zentrale Botschaft
des Buchs ist die Folgende: Auch wenn jemand geht, bleibt die Erinnerung an
diesen Menschen lebendig. Und die Erinnerung kann von Generation zu Generation
weitergegeben werden. Die Autorin hat sich bei der Thematisierung des
Lebenskreislaufs für eine sehr treffende Symbolik entschieden: Ein Baum wird
gepflanzt. Der Großvater (der selbst auch eine Migrationsgeschichte aufweist,
Stichwort: Interkulturalität) schenkt seiner Enkelin eine Walnuss und er bringt
ihr bei, wie man einen Walnussbaum pflanzt.
Und die Symbolik kommt auf den Bildern wunderbar zum Ausdruck. So wie
der vom Großvater in jungen Jahren gepflanzte Baum gedeiht, so wächst auch der
Großvater heran. Im hohen Alter ist aus der Walnuss ein mächtiger, knorriger
Baum geworden. Und in unmittelbarer Nachbarschaft dazu steht der Baum, den die
Mutter von Emilia gepflanzt hat, geschützt und überdacht von dem noch älteren
Baum. Gleichzeitig ist im hohen Alter dann der umgekehrte Prozess beobachtbar:
Während Emilias Pflänzchen wächst, wird der Großvater immer gebrechlicher und
schwächer. Und nach dem Tod des Opas kann sich Emilia durch den Baum immer an
ihn erinnern. Und sie nimmt sich vor, wenn sie groß ist, ihrem eigenen Kind dann
eine Walnuss zu schenken. Sehr einfühlsam und gleichzeitig auch hoffnungsfroh.
Ein Teil des geliebten Menschen bleibt immer erhalten.
Fazit:
Dieses Kinderbuch thematisiert das traurige und schwierige
Thema „Tod“ in meinen Augen kindgerecht und einfühlsam. Das Buch ist sehr
bewegend. Die gewählte Symbolik ist durchdacht und passend. Die Botschaft ist
letztlich hoffnungsfroh: Auch wenn ein geliebter Mensch stirbt, bleiben die Erinnerungen
an ihn lebendig. Ich empfehle das Buch allen Eltern weiter, die mit ihren
Kindern das Thema auf tröstende und pietätvolle Art und Weise besprechen
möchten. 5 Sterne von mir!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen