Kindergartenplatz first
Bei „Achtsam morden“ von Karsten Dusse handelt es sich um den Auftakt
zu einer sehr erfolgreichen Reihe, der ich bisher keine Aufmerksamkeit
geschenkt habe. Zeit, diese Wissenslücke zu schließen. Mich interessiert
nämlich mal wieder die Frage, warum dieses Buch so erfolgreich ist. In meinen
Augen liegt das an drei Dingen: 1. In den Themen Lebenskrise (innere Leere,
äußere Zwänge) und turbulenter Familienalltag findet sich wohl jeder Leser
wieder, 2. Eine gute Portion (schwarzer) Humor, der aber nie zu sehr in Richtung
Klamauk abdriftet und 3. Der kenntnisreiche und durchaus wertvolle Einbezug des
Themas „Achtsamkeit“, von dem wohl jeder gestresste Arbeitnehmer bereits etwas
gehört hat.
Das Buch ist einfach unheimlich gut, da ziehe ich meinen Hut vor dem
Autor. Denn neben diesen drei genannten Zutaten, gibt es noch viele weitere
Aspekte, die dieses Buch abrunden und lesenswert machen. Der Einblick in das
Mafiawesen und der Klient Dragan gehören auf jeden Fall auch dazu, ebenso die
Suche nach dem Kindergartenplatz (herrlich und so treffend!) oder die
Telefonate mit Peter, dem befreundeten Polizisten. Auch passt dieses Werk in
keine Genre-Schublade, es ist Krimi und Unterhaltung zugleich. Es nimmt sich
selbst nicht zu ernst, enthält aber zugleich wertvolle Botschaften zum Thema
Selbstfürsorge (vor allem die Texte zu Beginn der Kapitel sind klasse).
Allerdings erzeugt die Verquickung von Achtsamkeit und Kriminalität natürlich einen
komischen Effekt, der den Leser oft nur schmunzeln oder den Kopf schütteln lässt.
Der Humor entsteht vor allem durch Kontraste: Auf der einen Seite, haben
wir den gestressten und achtsamkeitsliebenden Familienvater, der zugleich auch
noch ein Ehemann ist, der an sich arbeitet. Und auf der anderen Seite haben wir
den skrupellosen Anwalt mit verschobenem Wertesystem, der sehr
menschenverachtend, kaltblütig und rücksichtslos daherkommt. Völlig ohne
Gewissensbisse lässt er sich auf einen Mafiaboss als Klienten ein, setzt sich
für dessen Belange ein, und versucht aber gleichzeitig seine private Lebenskrise
zu bewältigen. Herrlich absurd!
Die beschriebenen Situationen sind so grotesk, der Erzählton ist zudem
so humorvoll, dass man die geschilderte Brutalität als Leser gar nicht richtig
wahrnimmt. Die selbstfürsorglichen Handlungen und Gedanken des
Hauptprotagonisten einerseits und die Brutalität andererseits, ergeben einen
weiteren Kontrast, der Skurrilität erzeugt. Hinzu kommen die
Achtsamkeitssprüche am Kapitelanfang, die sehr passend zu den Kapitelinhalten
gewählt sind. Man hat das Gefühl, der Anwalt stolpert von einem Missgeschick
ins nächste und dennoch wirken seine Handlungen sehr durchdacht und geplant.
Und die Gelassenheit des Protagonisten passt oft nicht zur Dramatik der geschilderten
Situation. Das sind weitere schöne Kontraste!
Nach meinem Empfinden ist die Grenze des guten Geschmacks an keiner
Stelle zu sehr verletzt worden. Es gibt zwar einige heftige Szenen, diese
werden aber durch die Skurrilität der Beschreibung und den amüsanten Erzählton wieder
lesbar gemacht. Und darin besteht ja gerade die Kunst, wenn man ein solches
Buch schreibt. Den schwarzen Humor in dieser Perfektion zu beherrschen, ist
eine große schriftstellerische Leistung. Klasse!
Fazit:
Die Verquickung von Problemen des Familienalltags und
Mafiaproblemen ist nicht nur eine kreative Idee, sie wird auch noch sehr
vergnüglich umgesetzt. Dusse beherrscht schwarzen Humor und erzeugt mit Hilfe
von grotesken Kontrasten viel Komik. Im Laufer Handlung wird Björns Situation
immer verfahrener und als Leser will man natürlich wissen, wie er sich aus
seiner ausweglosen Lage befreien wird. Das Werk beinhaltet noch dazu unheimlich
viele kreative, lustige Ideen. Ein wahres Feuerwerk! Ich bin einfach
begeistert, solche Bücher findet man selten. Klare 5 Sterne!
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