Das Wochenende der Abrechnung
Ich mag psychologisch-angehauchte Thriller mit viel Innensicht. Aus
diesem Grund entschied ich mich für die Lektüre von „Nur du und ich“ von Laure
van Rensburg. Und mich hat die Handlung überzeugt, die Ausarbeitung der Gefühls-
und Gedankenebenen der Figuren ist sehr gut gelungen.
Auf den ersten 100 Seiten werden die beiden zentralen Protagonisten
recht langsam und ausführlich eingeführt. Die Autorin nimmt sich Zeit und das
ist gut so. Der Kontrast zwischen der anfänglichen Harmonie und dem dann
einsetzenden Drama wird so deutlicher. Zu Beginn ist alles harmonisch, Ellie
und Steven genießen ihre Zweisamkeit. Körperlichkeit und Intimität spielen
anfangs eine große Rolle. Die Atmosphäre ist idyllisch. Die Gefühlsebene beider
Figuren wird gut eingefangen und dargestellt. Allerdings blitzen auch schon
erste besitzergreifende Gedanken bei Steven auf. Das ist sehr gut gemacht! Es
wird schon gut deutlich, dass Steven der dominante Part in der Beziehung ist. Es
macht auch zu Beginn den Eindruck, dass Ellie sich etwas abhängig von Steven
macht.
Als der zweite Tag des gemeinsamen Wochenendes anbricht, ereignet sich
eine unvorhersehbare und interessante Wendung. Steven findet sich plötzlich
gefesselt wieder und kann sich an nichts erinnern. Seine anfängliche
Machtposition ändert sich nun. Und von diesem Zeitpunkt an, nimmt auch die
Spannung zu. Es folgt ein intensives Psychoduell auf engstem Raum. Und man
fragt sich: Was ist Steven passiert? Was wird man ihm antun? Und was sind die
Hintergründe? Das hat mir gut gefallen. Das Wechselspiel der Dominanz ist gut
arrangiert. Und das Psychoduell wird mit der Zeit immer intensiver. Die
Bedrohung für Steven nimmt immer mehr zu. Man fragt sich, was er in seiner
aussichtslosen Position des Ausgeliefertseins tun wird und wie er sich
verhalten wird. Letztlich geht es um die Themen „Rache“ und „Selbstjustiz“. Und
zu spät erkennt Steven, wie viele Warnzeichen er in der Vergangenheit nicht
wahrgenommen hat.
Das Werk bietet viel Innensicht, man taucht tief ein in die
Gefühlsebenen der Protagonisten. Immer wieder werden vergangene Ereignisse reflektiert,
um die Handlung verständlich zu machen. Das alles hat mir gut gefallen. Und was
man der Autorin hier hoch anrechnen muss: Die Innensicht der Figuren wurde
unheimlich detailliert und plausibel ausgearbeitet. Das ist anspruchsvoll! In
meinen Augen eine große schriftstellerische Leistung von Laure van Rensburg.
Nur die Spannung leidet natürlich etwas darunter. Wir haben es hier nicht mit
einem temporeichen Thriller zu tun, sondern mit einem intensiv-psychologisch
angehauchten Werk. Es handelt sich mehr um Spannungsliteratur. Mich hat das
aber überhaupt nicht gestört, im Gegenteil.
Trotzdem habe ich noch einige wenige Verbesserungsvorschläge: Was in
meinen Augen noch etwas ausführlicher hätte ausgeführt werden können, sind die
psychischen Probleme von Ellie, die immer einmal wieder unter Panikattacken
leidet. Hier wird erzählerisches Potential in meinen Augen nicht genutzt. Darüber
hinaus empfand ich die eingeschobenen Kapitel mit Datumsangaben als „leseflussstörend“.
Nach meinem Gefühl hatten sie keinen dramatisierenden Effekt. Man hätte sie
auch auslassen können.
Fazit:
Laure van Rensburg legt hier ein Werk vor, in dem ein
intensives Psychoduell auf engstem Raum geschildert wird. Die Themen sind „Rache“
und „Selbstjustiz“. Geboten wird viel Innensicht, die sehr differenziert und
logisch nachvollziehbar gestaltet worden ist. Es handelt sich um psychologisch
angehauchte Spannungsliteratur, die bestimmt viele interessierte Leser:innen
finden wird. Man verfolgt das Geschehen um Steven gebannt und möchte erfahren,
was aus ihm wird. Ich vergebe 4 Sterne. Warum nicht 5 Sterne? Weil ich doch
einige wenige Verbesserungsvorschläge unterbreiten konnte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen