Druidenanwärter Mylo als Monsterpfleger
Nach langer Zeit habe ich mich mal wieder einem Genre angenähert, das
ich schon länger aus den Augen verloren hatte: Fantasy. Seit Patrick Rothfuss
bin ich auf der Suche nach Werken, die einen ähnlich reizvollen Charakter
aufweisen wie Kvothe. Und „Druidendämmerung“ von Mira Valentin klang hier
vielversprechend, auch die Leseprobe las sich gut. Es geht um den
Druidenanwärter Mylo, der die verantwortungsvolle Aufgabe übernommen hat, als
„Monsterpfleger“ die gefährlichen Geschöpfe eines magischen Waldes zu hüten.
Doch dem Vergleich mit Rothfuss kann das Buch leider nicht standhalten, so viel
kann ich an dieser Stelle schon verraten.
Zunächst zum Positiven: Die Autorin hat sich eine komplexe fiktive
Welt überlegt, eine Welt mit vielen magischen Wesen, die auch im Anhang in Form
eines kleinen Lexikons näher erläutert werden. Das ist durchaus gelungen und
kann überzeugen. Bei Bedarf kann man während der Lektüre immer mal wieder einen
Blick in dieses „Lexikon“ werfen. Auf den ersten Seiten werden diese
sonderbaren Wesen nach und nach und durchaus kompakt eingeführt und man muss
mit den vielen fremdartigen Bezeichnungen zurechtkommen. Das ist zu Beginn
etwas fordernd, aber es klappt! Auf jeden Fall ist lobenswert, mit wie viel
Liebe zum Detail die Geschöpfe entworfen worden sind. Das ist stark! Sie werden
ausschmückend beschrieben, so dass im Kopf des Lesers ein klares Bild entsteht.
Was mir auch gut gefallen hat, ist die Darstellung des
Beziehungsverhältnisses zwischen Mylo und dem Brownie Broc. Beide freunden sich
schon ziemlich zu Beginn miteinander an und Broc bringt ein wenig Humor mit in
die Handlung hinein. Leider gerät diese vielversprechende Figurenkonstellation
mit voranschreitender Handlung aber immer mehr aus dem Blickfeld. Das fand ich
schade! Die Handlung wirkt stringent geradlinig erzählt, ohne Rückblicke oder
Perspektivwechsel. Das sorgt für Dynamik und man kann dem Inhalt als Leser
leicht folgen.
Nun zu dem, was mich beim Lesen gestört hat: Es hat lange gedauert,
bis ich einen Zugang zum Werk gefunden habe. Lange war mir auch nicht klar,
welches Ziel Mylo überhaupt verfolgt. An vielen Stellen wird mir zu wenig
erläutert, warum bestimmte Handlungen bestimmte Auswirkungen haben, es fehlte
mir Kontext. Wie z.B. gewinnt man eine Haut? Ich konnte mir überhaupt nicht
vorstellen, was für eine Aufgabe Mylo konkret zu lösen hat, was er dafür tun
muss.
Einiges erscheint mir auch zu konstruiert: Warum wird einem Anwärter
die Verantwortung auferlegt, allein solch gefährliche Wesen zu pflegen? Warum
setzt man ihn einer solchen Gefahr aus? Warum muss er dann allein Hilfe bei dem
bösartigsten Wesen des Waldes suchen? Nicht immer passten die auszuführenden
Handlungen zum Charakter: So ist die Schilderung von Mylos Begegnung mit Torvis
recht amüsant gestaltet, aber wenn man bedenkt, dass er ihre Haut beschaffen
soll, passt dieser Erzählton für mich nicht zur Situation. Überhaupt passt ein
solches Verhalten nicht zu Mylo, er wirkt auf mich keineswegs heimtückisch oder
gar kalt und berechnend. Grundsätzlich hätte ich mir gewünscht, dass die Gefühls-
und Gedankenebene der Charaktere stärker zur Geltung kommt.
Insbesondere in der ersten Hälfte des Buchs ging mir einiges viel zu
schnell vonstatten. So erfährt Mylo gerade erst, wie er sich vom Fluch befreien
kann, schon findet er sich ein paar Seiten später bei dem bösartigen Wesen, dem
Nuckelavee wieder. Grundsätzlich waren mir beim Lesen die Sprünge von einem
Handlungsabschnitt zum nächsten manchmal etwas zu hastig, vor allem zu Beginn.
Die Übergänge zwischen den Handlungsschritten hätten fließender ausgestaltet
werden können. Auch hätte ich mir gewünscht, dass man mehr über das Leben als
Druide bzw. Druidenanwärter erfährt.
Fazit:
Mir fiel es schwer Zugang zum Inhalt des Buchs zu finden. Die
fiktive Fantasiewelt ist zwar mit viel Liebe zum Detail ausgestaltet worden,
auch das Beziehungsverhältnis von Mylo und Broc ist gelungen. Aber in meinen
Augen hat das Werk doch einige „handwerkliche“ Schwächen. Insgesamt war mir der
Text zu ziellos, die Figuren besitzen zu wenig psychologische Tiefe. Ich
vergebe 3 Sterne!
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