Traumabedingte Amnesie
Mit der Figur Shakes lernen wir zudem noch einen Kleinkriminellen kennen, der im Gefängnis saß und dem ein Job als Gefängniskorrespondent angeboten wird, um Missstände offenzulegen (hierfür werden punktuell auch Rückblicke in Shakes Vergangenheit als Gefängnisinsasse geschildert). Er ist der Nachbar von Liv, bestreitet aber, sie gut gekannt zu haben. Doch Emily, die die Wohnung von Liv auflöst und Shakes begegnet, spürt, dass er etwas zu wissen scheint. Hat er etwas zu verbergen? Kannte er Liv besser, als es zunächst den Anschein macht? Zudem werden Auszüge aus Livs Tagebuch eingeschoben, in denen wir erfahren, was sie vor dem Vorfall beschäftigt hat. Und nicht zuletzt werden Therapiesitzungen mit einem namenlosen Patienten integriert, bei dem es sich vermutlich um den Täter handelt.
Der Thriller ist angenehm zu lesen, der Schreibstil ist flüssig, man bleibt an den Zeilen haften und es werden viele verschiedenartige Blickwinkel integriert, die das ganze Geschehen gut verrätseln. Es ist einer dieser Thriller, bei denen man ungeduldig darauf wartet, wie sich das Gesamtbild am Ende zusammenfügt. Noch dazu ist der Inhalt psychologisch durchdacht und konnte mich überzeugen. Das Konzept der traumabedingten Amnesie ist plausibel in die Handlung integriert worden. Man stellt sich fortlaufend die Frage, ob sich Emily an das tragische Ereignis erinnern wird und was dabei zum Vorschein kommt. Durch diese Ungewissheit entsteht ein hohes Maß an Spannung und es wird Raum für Überraschungen und unberechenbare Wendungen eröffnet. Auch der Umstand, dass andere Figuren die Gedächtnislücken von Emily für sich ausnützen könnten, erzeugt Anspannung. Man weiß als Leser nicht mehr als die Figur selbst und begleitet sie neugierig auf ihrem Weg. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass man sich nicht sicher sein kann, ob die Erinnerungen real sind oder ob es sich nur um verfälschte Einbildungen handelt. Als Leser konnte ich nachempfinden, wie verunsichert und verängstigt sich Emily mit ihrem Gedächtnisverlust fühlen muss. Auch das kommt gut zum Ausdruck. Kurzum: Ein sehr souverän erzählter Thriller, der mich gut unterhalten hat. Aber er hat mich auch nicht so gepackt, dass ich dafür 5 Sterne geben kann. Es ist leider kein Kracher. So komme ich auf 4 Sterne!
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