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Freitag, 20. Oktober 2023

Gruber, Andreas - Die letzte Fahrt der Enora Time






Science-Fiction von Andreas Gruber


Der Erzählband „Die letzte Fahrt der Enora Time“ von Andreas Gruber enthält 11 Science-Fiction-Kurzgeschichten, er stammt ursprünglich aus dem Jahr 2001 und erhielt damals u.a. den Deutschen-Phantastik-Preis. Er war lange vergriffen, wurde dann aber noch einmal vom Autor überarbeitet und im Luzifer-Verlag 2018 neu veröffentlicht.

 

Die Geschichten stellen eine große Bandbreite an Themen dar. Es gibt Geschichten, die eher in Form von „near-future-Science-Fiction“ daherkommen, aber auch solche Erzählungen, die man als epische „space-opera“ ansehen kann (wenn auch in verknappter Form). Es gibt Science-Fiction, die sich dem Thema „KI“ widmet, die auf der Erde, in extraterrestrischen Welten oder aber auch auf Raumschiffen spielt. Auch düstere Dystopien kommen vor. Kurzum: Für jede:n Leser:in wird wohl etwas dabei sein, das ihn:sie interessiert. Und was das Schöne an Kurzgeschichten ist: Man ist immer sofort mittendrin. Es gibt keine lange Einleitung, als Leser:in befindet man sich sofort in der Mitte des Geschehens.

 

Was mir auch gut gefallen hat: Gruber schreibt zu jeder Kurzgeschichte ein knappes Vorwort, in dem er Autobiographisches preisgibt. So berichtet er u.a. auch von schriftstellerischen Erfahrungen oder gibt Einblicke in seinen kreativen Schaffensprozess. Wir lernen seine Vorlieben kennen oder das, was ihn geprägt oder während des Schreibens beschäftigt hat. Sehr lesenswert! So erhält jede Erzählung zugleich auch noch eine persönliche Note des Autors.

 

In der ersten Geschichte mit dem Titel „Ecke 57th Street“ geht es z.B. um das Thema einer Mensch-Maschine-Transformation, in „Duell mit dem Mintauer“ wird auf einem fremden Planeten russisch Roulette gespielt. Weitere (teils auch phantastische) Inhalte: Ein Mann landet in einem mysteriösen Hotel, in dem verschiedenen Dimensionen zu verschmelzen scheinen („Das Motel“). Ein Raumschiff entwickelt ein Bewusstsein und macht sich selbstständig („Rendezvous“). Ein Jude möchte kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein Aktiengeschäft rückgängig machen, um mit seiner Familie aus Deutschland zu fliehen. Dafür greift dafür in den Ablauf der Zeit ein. Diese Geschichte mit dem Titel „Zeitreise Inc. – Wir korrigieren alles“ hat mir am besten gefallen.

 

Eine weitere Erzählung, die mir ebenfalls sehr gut gefallen hat, nennt sich „Das Planspiel“. Darin geht es um einen allwissenden Obdachlosen, bei dem man rätselt, was es damit auf sich hat. Ebenfalls lesenswert: Eine phantastische Liebegeschichte, in der die Angebetete nicht altert („Joyce“).

 

Letztlich handelt es sich um eine Sammlung, die eine große erzählerische Bandbreite offenbart. Zwar haben mir thematisch nicht alle Erzählungen zugesagt, aber einige Highlights konnte ich ausfindig machen („Zeitreise Inc.“, „Das Planspiel“ und „Joyce“). Andreas Gruber kann nicht nur Krimis/Thriller, er kann auch Science-Fiction. Nach der Lektüre würde ich mir regelrecht wünschen, dass der Autor auch einmal einen längeren Science-Fiction-Roman schreibt. Ideen dafür scheint er genug zu haben. Und einen angenehmen Schreibstil hat er auch. Insbesondere seine Figurenzeichnung lässt klare Konturen erkennen.


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