Science-Fiction
von Andreas Gruber
Der
Erzählband „Die letzte Fahrt der Enora Time“ von Andreas Gruber enthält 11
Science-Fiction-Kurzgeschichten, er stammt ursprünglich aus dem Jahr 2001 und
erhielt damals u.a. den Deutschen-Phantastik-Preis. Er war lange vergriffen,
wurde dann aber noch einmal vom Autor überarbeitet und im Luzifer-Verlag 2018
neu veröffentlicht.
Die
Geschichten stellen eine große Bandbreite an Themen dar. Es gibt Geschichten,
die eher in Form von „near-future-Science-Fiction“ daherkommen, aber auch
solche Erzählungen, die man als epische „space-opera“ ansehen kann (wenn auch
in verknappter Form). Es gibt Science-Fiction, die sich dem Thema „KI“ widmet,
die auf der Erde, in extraterrestrischen Welten oder aber auch auf Raumschiffen
spielt. Auch düstere Dystopien kommen vor. Kurzum: Für jede:n Leser:in wird
wohl etwas dabei sein, das ihn:sie interessiert. Und was das Schöne an
Kurzgeschichten ist: Man ist immer sofort mittendrin. Es gibt keine lange
Einleitung, als Leser:in befindet man sich sofort in der Mitte des Geschehens.
Was
mir auch gut gefallen hat: Gruber schreibt zu jeder Kurzgeschichte ein knappes
Vorwort, in dem er Autobiographisches preisgibt. So berichtet er u.a. auch von
schriftstellerischen Erfahrungen oder gibt Einblicke in seinen kreativen
Schaffensprozess. Wir lernen seine Vorlieben kennen oder das, was ihn geprägt
oder während des Schreibens beschäftigt hat. Sehr lesenswert! So erhält jede
Erzählung zugleich auch noch eine persönliche Note des Autors.
In
der ersten Geschichte mit dem Titel „Ecke 57th Street“ geht es z.B. um das
Thema einer Mensch-Maschine-Transformation, in „Duell mit dem Mintauer“ wird
auf einem fremden Planeten russisch Roulette gespielt. Weitere (teils auch
phantastische) Inhalte: Ein Mann landet in einem mysteriösen Hotel, in dem
verschiedenen Dimensionen zu verschmelzen scheinen („Das Motel“). Ein
Raumschiff entwickelt ein Bewusstsein und macht sich selbstständig („Rendezvous“).
Ein Jude möchte kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein Aktiengeschäft
rückgängig machen, um mit seiner Familie aus Deutschland zu fliehen. Dafür
greift dafür in den Ablauf der Zeit ein. Diese Geschichte mit dem Titel
„Zeitreise Inc. – Wir korrigieren alles“ hat mir am besten gefallen.
Eine
weitere Erzählung, die mir ebenfalls sehr gut gefallen hat, nennt sich „Das
Planspiel“. Darin geht es um einen allwissenden Obdachlosen, bei dem man
rätselt, was es damit auf sich hat. Ebenfalls lesenswert: Eine phantastische
Liebegeschichte, in der die Angebetete nicht altert („Joyce“).
Letztlich
handelt es sich um eine Sammlung, die eine große erzählerische Bandbreite
offenbart. Zwar haben mir thematisch nicht alle Erzählungen zugesagt, aber
einige Highlights konnte ich ausfindig machen („Zeitreise Inc.“, „Das
Planspiel“ und „Joyce“). Andreas Gruber kann nicht nur Krimis/Thriller, er kann
auch Science-Fiction. Nach der Lektüre würde ich mir regelrecht wünschen, dass
der Autor auch einmal einen längeren Science-Fiction-Roman schreibt. Ideen
dafür scheint er genug zu haben. Und einen angenehmen Schreibstil hat er auch.
Insbesondere seine Figurenzeichnung lässt klare Konturen erkennen.
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