Daniel und Jorge erklären das Universum
Wissensvermittlung auf humorvolle und anschauliche Weise? Und das zu
einem schwierigen Thema wie der Kosmologie? Ist das überhaupt möglich? Jorge
Cham und Daniel Whiteson unternehmen diesen Versuch. Letzterer ist Professor
für Physik und Astronomie an der University of California. Und zusammen mit
Cham, einem Cartoonisten, der Robotertechnik studiert hat, betreiben beide den
Podcast „Daniel and Jorge explain the universe“. Und auf der Grundlage von
Leserfragen zu diesem Podcast ist das Sachbuch „Wo ist die Mitte des Weltalls?“
entstanden.
Das Buch enthält 20 Kapitel zu Fragen rund ums Universum (Raum, Zeit,
Zeitreisen, Aliens, Schwarze Löcher, Schwerkraft, Wurmlöcher etc.) und weist
einen sehr humorvollen Erzählton auf. Darauf muss man sich natürlich einlassen
wollen. Für ein Sachbuch ist das schon ungewöhnlich. Und ich gebe zu, dass auch
ich mich erst einmal daran gewöhnen musste. Vor allem die auflockernden
Cartoons, die immer wieder den Fließtext ergänzen, sind zunächst etwas
befremdlich.
Zunächst einmal zum Negativen: Ich finde, dass Zeichnungen schon eine
bestimmte Funktion erfüllen sollten. Im Idealfall sollte der Inhalt durch die
Cartoons besser verständlich werden. Doch das war längst nicht bei allen
Illustrationen der Fall, sondern nur bei wenigen. Oft ging es dann doch nur
darum, einen (platten) Gag einzustreuen (über Humor lässt sich schwerlich
streiten). Am Anfang der Lektüre hat mich das auch gar nicht groß gestört, aber
mit zunehmender Seitenzahl wurde es dann doch anstrengend. Immerhin gibt es 296
Cartoons auf 344 Seiten. Durch die Cartoons wird nämlich der Lesefluss immer
wieder unterbrochen und irgendwann habe ich mir die Zeichnungen dann gar nicht
mehr angeschaut, weil ich lieber den Text lesen wollte. Aber das mag anderen
Lesern natürlich ganz anders ergehen. Das ist wohl wirklich eine
Geschmackssache. In meinen Augen hätten weniger Cartoons auch gereicht.
Nun zum Positiven: Was mich nicht gestört hat, war der recht amüsante
Erzählton des Fließtextes, in dem auch hin und wieder lustige Beispiele zur
Veranschaulichung eingestreut wurden. Überhaupt empfand ich den Inhalt als
äußerst interessant. Ich habe alle Kapitel mit wirklich großem Interesse
gelesen und auch einiges Neues dazugelernt. Besonders interessant fand ich es
immer dann, wenn auch einmal Berechnungen angestellt wurden. Und die Kapitel
weisen einen klaren roten Faden und logisch stringenten Aufbau auf. Meine
persönlichen Highlights: „Was hält uns davon ab, zu den Sternen zu reisen?“ (S.
132 ff.), „Wo kommt das Universum her?“ (S. 186 ff.), Zwar gab es schon auch einzelne
Gedankenspiele, die etwas albern oder auch recht trivial waren (z.B. „Wie lange
wird die Menschheit überleben?“, S. 60 ff.), aber meistens betraf das nur bestimmte
Passagen. Und was man den Autoren wirklich hoch anrechnen muss: Sie schreiben sehr
leserzugewandt, so dass der Inhalt auch von Laien ohne weiteres gelesen und
verstanden werden kann. Und der Humor und die ausgefallenen Beispiele sorgen
dafür, dass einiges aus dem Buch hängen bleibt. Das ist auf jeden Fall
lobenswert!
Letztlich scheint es ein schwieriger Drahtseilakt zu sein,
Sachverhalte humorvoll vermitteln zu wollen, aber dabei nicht zu sehr die
notwendige Ernsthaftigkeit zu verletzen. Nach meinem Empfinden ist dieser
Drahtseilakt mal mehr und mal weniger geglückt, aber letztlich ist das
natürlich sehr subjektiv. Was ich als albern empfinden mag, finden andere Leser
vielleicht lustig. Möge sich jeder selbst ein Urteil bilden. Wer an Kosmologie
interessiert ist, wird auf jeden Fall gut unterhalten und lernt auch etwas
Wissenswertes dazu. Das Buch weist eine große Bandbreite interessanter
Fragestellungen auf. Und was ich großartig finde: Die meisten Sachverhalte
werden anwendungsbezogen vermittelt. Es werden praktische Probleme durchdacht,
so dass die Gedankenspiele nicht zu abstrakt geraten.
Fazit:
Ein Sachbuch, das sich durch einen ungewöhnlich amüsanten
Erzählton auszeichnet. Auf diese Weise memoriert man einzelne Sachverhalte ganz
gut, das hat mir gefallen. Die Cartoons haben mir persönlich nicht so zugesagt,
es gab einfach zu viele davon und nur wenige hatten eine sinnvolle Funktion.
Die Qualität der verschiedenen Kapitel ist recht unterschiedlich. Manches war
mir zu albern oder zu absurd (z.B. das Kapitel „Ist ein Leben nach dem Tod
möglich?“, S. 224 ff.), andere Kapitel hingegen waren wieder sehr interessant
und lesenswert. Manche Sachverhalte sind bereits bekannt und zu trivial (v.a.
für kosmologisch versierte Leser), andere Inhalte wiederum sind faszinierend.
Es ergibt sich ein sehr uneinheitliches Bild, was ein klares Urteil erschwert.
Ich gebe knappe 4 Sterne!
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